Weihnachten und die ersten Tage in Freiheit

Natürlich ist es nicht toll, 14 Tage in einem Hotel eingesperrt zu sein, aber für uns war es aus verschiedenen Gründen ganz erträglich. Die Kinder und die Suite haben den großen Unterschied gemacht! Frühstück, Schule, Kitzeltoben, Gymnastik, Badewanne und Mittagessen – der halbe Tag ist rum. Lesen, spielen, Weihnachtsbasteln, bis es endlich 17.45 Uhr ist und Internet mit Minecraft, YouTube und co., von den Eltern freigegeben wird. So sind die Tage nicht in endlosem Rumgehänge versumpft.

Wir mussten eine Zeit festlegen, damit es nicht total einreißt und so hat das Abendessen regelmäßig ein recht stressfreies iPad-Ende gesetzt. Abends wurde Deutschland dann langsam wach und wir haben viel telefoniert, wenn wir nicht mit den Kindern was zusammen geguckt haben.

Alle Weihnachtsdeko wird aus Tüten, Boxen und Besteck der Essenslieferungen gebastelt.

Online Bestellungen waren möglich, aber nicht so einfach wie gedacht. Kabel, Rasierer und das Christkind haben ihren Weg in unsere Hütte gefunden. Ein Weihnachtsessen zu organisieren, hat JD allerdings etliche graue Haare wachsen lassen! Das vom Hotel gelieferte Essen, hat nämlich in der zweiten Woche deutlich an Qualität eingebüßt. Heiligabend mit Fish and Chips, nachdem es 14 Tage lang gefühlt ständig Pasteten, Wraps und Frittiertes gegeben hat? Och nö.

Am Ende hat er es doch noch geschafft und nach einer recht schönen Bescherung, mit Singen vor dem selbstgebastelten Baum und vielen Lego- und Spielegeschenken, gab es für jeden was er liebt: Steak, Lachs und Kartoffelpüree!

So haben unsere anfängliche Trennung und Weihnachten, die Zeit recht kurzweilig gemacht. Auch wenn wir auf erstere Erfahrungen liebend gerne verzichtet hätten!

Unser erster Tag in Freiheit hat sich dann leider zu einer Katastrophe, mit nur einem einzigen, kurzen Lichtblick entwickelt und bedarf einer etwas ausführlicheren Schilderung:

Alle Taschen, Kaffeemaschiene, Nähmaschiene, Spielzeug gepackt? Nichts vergessen? Frühstücken will auch keiner? Dann können wir los!

Das Telefon klingelt und ich sehe JD sofort an, das die Rezeption nicht einfach Bescheid sagt, dass sie uns jetzt holen. Er wird erst blass, dann rot und zischt etwas wie, dass wir alle gestern getestet worden sind und jetzt mit gepackten Taschen vor der Tür stehen. Dann hält er mir den Hörer hin, unfähig noch ein Wort zu sagen, ohne den Typ am anderen Ende, durch das Telefon zu erwürgen. Ich versuche ruhig zu bleiben, als mir erklärt wird, dass von Jan-Dirk kein Testergebnis vorliegt. Davon das unsere Quarantäne jetzt abgelaufen ist, dass wir ohne PCR nicht gehen dürfen und das wir eine Familie sind, die gleichzeitig getestet wurde, weiß er nichts. Auch nicht, dass wir jedes mal wenn unsere Proben genommen wurden, gebeten haben JDs Geburtsdatum zu korrigieren – auch in den Listen, nicht nur auf dem Röhrchen! Ja, na gut, dann suche ich wohl noch mal und melde mich wieder, sagt er schließlich. Man man man.

10 Minuten später meldet sich die Polizei. Sie kommen uns jetzt abholen. Den Test? ach ja, den haben sie gefunden. Falsches Geburtsdatum…

Sobald wir unten sind, sind wir auch frei und können das Gepäck stehen lassen um erst mal einen Spaziergang durch den Park zu machen. Das ist der Lichtblick des Tages! Die Sonne scheint, es ist schwülwarm und wir werden von einem großen Leguan und duzenden von Schmetterlingen, in üppigem Grün und blühenden Bäumen, begrüßt. Das bloße Laufen, nach sechs Wochen auf engem Raum, ist richtig Sport für mich. Nach einer halben Stunde tun mir die Füße und der Rücken weh und es zieht bedenklich in den Waden! Zeit endlich auf die Pami zurückzukehren.

Keine Kaninchen auf Brisbanes Wiesen!

Am Hotel kriegen wir unser Gepäck ausgehändigt und warten, ungemütlich auf einem Steinmäuerchen vor dem Eingang, auf das Taxi, das sie uns rufen wollen. Der Himmel verdüstert sich genau wie unsere Stimmung, als nach 45 min immer noch nichts passiert ist. Zum dritten Mal kommt jemand raus zu uns, diesmal nicht um zu sagen, dass es wegen Weihnachten noch etwas dauert, sondern mit dem flapsigen Kommentar, ob wir uns nicht bitte selber ein Uber-Taxi organisieren könnten, die Rezeption könnte kein normales erreichen. Bitte?? Wir haben nicht nicht mal eine simcard, geschweige denn einen Uber Account! Tja, dann wüsste sie auch nicht… Wir könnten ja eins von der Straße ranwinken? Während ich noch Luft für eine Erwiderung hole, hechtet JD auf die andere Straßenseite, wo tatsächlich ein Taxi an der Ampel wartet. 10 Minuten später fahren wir, mit all unserem Kram und uns, auf zwei kleine Wagen verteilt, zur Rivergate Marina.

Es regnet, meine Fahrer kennt denn Weg nicht, fährt kriminell schlecht, die Kinder quengeln und die Marina ist wirklich am Ar… der Welt. Die Pami ist feucht und ungastlich, das Teak am Eingang voller Vogelschiete. Es ist der 25. Dezember, keine Menschenseele ist zu sehen und auch kein bisschen Weihnachten. Nach einer Ewigkeit gelingt es JD, nochmal ein Taxi zum einzigen, offenen Supermarkt zu organisieren. Schließlich sind von der Überfahrt nur noch 3 Zwiebeln und ein bisschen Knoblauch übrig und Essen gehen können wir uns offensichtlich heute auch abschminken. Alkohol allerdings, erfährt er im Laden, wird hier und heute nicht verkauft. Der Tag endet doof wie er begann. Mit einem, immerhin frischem, leckeren Salat einer Invasion von Mücken und sandflys und alkoholfreiem Bier…

Am 26. kommt der Herr von der biosecurity and agricultur um uns endgültig in Australien einzuchecken. Ein Blick auf unsere frischen Einkäufe und mein Stresslevel steigt schon wieder bedenklich: Möhren, Gurken, Tomaten, alles muss in den Sondermüll! Der australische Kassenbon nutzt überhaupt nichts, auch nicht die schlichte Tatsache, das keines dieser Früchtchen, sechs Wochen nach Polynesien, noch so aussehen könnte! Regel ist Regel und frisches darf einfach nicht an Bord bleiben.

Dabei ist der Beamte sehr nett, guckt im Kühlschrank nicht so genau hin und konfisziert nur was er unbedingt muss. Reis (das ahnten wir nicht und hatten ziemlich viel) Linsen, Saaten fürs Brot. Während er da ist, dürfen wir essen was wir können. So werden Pfirsiche, Tomaten und Erdbeeren doch noch „gerettet“. Nach Termiten und Ameisen wird hingegen sehr gründlich gefahndet. Zum Glück und erwartungsgemäß ist die Pami sauber. Endlich ist das auch überstanden und wir dürfen die gelbe Flagge streichen!

Jetzt wären wir endlich wirklich frei, überall in Australien hinzusegeln, auch nach Sydney zum Sylvester Feuerwerk, aber das Wetter spielt nicht mit. Völlig ausgeschlossen es auch nur zu versuchen. Wir ergeben uns den Umständen, versuchen erst mal richt anzukommen und warten auf den nächsten, nicht verregneten, Tag um uns in eine schönere Umgebung weiter südlich zu verholen.

Gestern Abend wurde es hier dann zum ersten Mal richtig nett. Wir sind zur nahen Brauerei gelaufen, haben Pelikane, Kröten und Menschen bestaunt, sind frei über Wiesen und richtige Bürgersteige getobt und haben selbstgewähltes Essen und Bier genossen. Jetzt haben wir wieder die Kontrolle über unser Leben und es kann nur noch besser werden!

Polynesien nach Australien in Bildern

Julie down under 😁
Little monkey 🐒
Ob Seegang oder nicht, morgens macht unsere Crew erst einmal Yoga.
Es wird finster am Horizont. Wir bergen den Gennaker.
Wir sind mitten drin. Es schüttet, aber der Wind bleibt bei unter 30 Knoten.
Van Halen…
…Jump! Jump!
4000 Meter Wasser unter uns, als sich eine Leine in den Propeller wickelt. Die See ist ziemlich ruhig und Carlos kann uns freischneiden.
Auf der Suche nach dem Tiefenmesserfehler in den Eingeweiden der Pami.
Thunfisch am Haken: ohne den Anglergürtel geht es nicht und trotzdem reißt er sich am Ende los.
Sun Downer

Beverage Reef, mitten im Pazifik

Das Beverage Reef von außen, kurz vor dem Pass.
Geschafft! Wir sind in der Lagune!
Unglaubliche Farben! Mittig erkennt man gerade noch den Kiwi-Katamaran, der sich vom Pass her, unserem Ankerplatz nähert.
Für meinen Geschmack kommen diese Haie ein bisschen zu nahe. Geordneter Rückzug!
Der Käptn steuert aus dem Beverage Reef hinaus in die offene See.
1.Advent, wir backen Bethmännchen
Kinderchaos und drei Adventskalender
Der letzte Gin-Tonic wird schwesterlich geteilt!
Kollektives Garnelen pulen
„Almosen für den Bettler!“
Alle Mann an Deck zum bergen Gennaker! Ungemach voraus!
Die Genua wird vor dem Gennaker ausgerollt, um beim bergen den Druck aus dem großen Segel zu nehmen.
Eingerollt wird er gut gesichert, oder abgenommen und in der Segelbox verstaut.
Alles klar, Kaptn? Drinnen sieht es so gemütlich aus.
Die selbsterdachten Spiele sind die coolsten!
Du hast uns begleitet, in Flaute und Sturm, ohne Delle und ohne Wurm…
…nun ist es Zeit zu gehen, und wir sagen hungrig: Auf Wiedersehen!
Bald geschafft! Nur noch eine Nacht auf See!
Kurz vor dem Landfall, überhitzt der Generator und springt erst nach einer halben Stunde Kühlung wieder an.
Land in Sicht!!!

Tag 30 – die Ankuft in Brisbane, Teil 2

3.30 Uhr morgens, tiefschwarze Nacht, wir sind kalt, müde und aufgeregt. Ein Scheinwerfer blitzt, vom Büro aus, über uns hinweg. Wir sind also gesehen worden, aber keiner kommt um die Festmacher anzunehmen.

JD manövriert vorsichtig an einen Finger der Box heran, so das Carlos rüberspringen und die Leinen annehmen kann. Dann sind wir fest. Ruhe im Karton, nach knapp 30 Tagen Geschaukel. Einmal tief durchatmen.

Nur kurze Zeit später, erscheint schon das Empfangskommando. Sechs oder sieben schwarz gekleidete, natürlich maskierte, Beamte mit Taschenlampen und vielen Fragen. Zoll, Einwanderung, Agricultur, Queensland Health stehen vor uns auf dem Ponton: Bitte nicht das Boot verlassen! Haben alle Masken an? Ist jemand krank? Bitte die Pässe, und diese Formulare ausfüllen, bitte alle einmal in den Lichtkegel und kurz die Maske abnehmen. Wo sind Paul und Michel? Weibliche Stimme aus dem Off: Lass sie schlafen bis wir fertig sind, wir können sie zum Schluss angucken! (Danke Schwester.)

Kann jemand schon mal mit dem Ausfüllen beginnen während wir den Kapitän befragen? Wir wollen uns doch alle ein bisschen beeilen, right? Von den Gesprächen kriege ich nicht so viel mit, während ich gehetzt Namen und Passdaten eintrage und parallel überlege, ob ich den Kindern schon warme Sachen rausgesucht habe und ob ich jetzt wirklich Brotmesser und Brett noch mitnehmen soll.

Dann fragt eine junge Frau, wer denn den Blog geschrieben hätte? (Schluck, das haben die Behörden gelesen? Was habe ich nochmal genau geschrieben?) Ich! Sie guckt mich freundlich an und meint, ich solle die Nähmaschine unbedingt mit ins Hotel nehmen… wie nett! Wird gemacht!

Der Druck wird erhöht, wir sollen uns jetzt wirklich mal beeilen. Das Taxi wartet schon vor dem Marina Gate! Warum wohl, wüsste ich gerne. Wollen die einfach nur schnell wieder ins Bett? Oder gibt es einen anderen Grund? Wir werden es wohl nicht erfahren.

Die Jungs werden geholt. Zitternd aber munter zeigen sie dem Zollbeamten ihr Gesicht und beantworten ein paar Fragen in flüssigem Englisch. Gut gemacht!

Im Angesicht unserer Gepäckberge, werden wir ermahnt, dass wir auf keinen Fall zweimal zum Taxi laufen dürfen und das sie nichts von uns anfassen dürfen. Kein Problem, wir haben ja unseren Klapptrolly! Ein letzter Rundumblick: alles aus und verschlossen? Okay, dann kann’s losgehen. Polizei vor und hinter uns, werden wir wie Sträflinge zum Taxi eskortiert. Und auch während der Fahrt bleibt die Polizei hinter uns.

Hier muss ich erst noch einmal meine Schilderung, der Realität anpassen. Es ist schon sehr interessant, wie der Blickwinkel und der emotionale Zustand, die Wahrnehmung beeinflussen!

JD sagt, dass sie alle ausgesprochen freundlich waren! Sie durften nichts anfassen, haben aber geholfen, so gut sie konnten. Zum Beispiel, die Festmacher mit den Füßen runter gedrückt, um uns näher ranzuholen. Auch waren mitnichten alle schwarz gekleidet. Ich habe halt nur die schwarze Polizeiuniform wahrgenommen. Es war auch nicht nur eine Frau, die die Kinder schlafen lassen wollte, sondern es waren sich alle einig. Und den Zeitdruck hat er auch nicht so krass empfunden wie ich. Tja, so schnell kann man ein falsches Bild erschaffen, wenn man die Dinge zu einseitig betrachtet!

Vor dem Hotel müssen wir lange warten und dürfen nicht aussteigen. Dann werden Carlos und Julie gerufen und verschwinden. Wir können nicht mal Tschüss sagen, so überrumpelt sind wir. Dann kommt der junge Polizist zurück und erklärt, als wäre es die normalste Sache der Welt, das kein Doppelzimmer mehr frei wäre und wir, je ein Elter ein Kind, für die zwei Wochen in getrennte Zimmer müssten.

Mich überflutet nackte Panik, schlimmer als vor jedem Sturm, und das sieht und hört man mir wohl auch an, als wir lautstark protestieren. Der junge Mann wird unsicher, versucht zu beruhigen und verschwindet schließlich wieder Richtung Rezeption.

Nach bangen Minuten, in denen JD schon die Nummer der Deutschen Botschaft raussucht, kommt er wieder und bietet uns folgendes an: die Kinder können zusammen bleiben und einer von uns geht für ein, zwei Nächte in ein Einzelzimmer. Dann können wir gemeinsam in ein freiwerdendes Doppelzimmer umziehen. Wir willigen zögerlich ein. Können wir uns auf das Wort verlassen? Oder werden aus den 2 Nächten vielleicht doch 5, oder 10?

In aller Eile sucht JD ein bisschen Wäsche, Kosmetik und ein iPad aus den verschiedenen Taschen zusammen. Ein letzter Blick zurück, dann verschwindet unser Papi mit einem Polizisten Richtung Aufzug. Ich kriege kaum noch mit, was mir erzählt wird und stolpere irgendwann, mit beiden Jungs und all dem Gepäck, in ein kleines Zimmer mit zwei Betten.

Die große Überraschung ist ein Minibalkon und die Tür ist nicht zugeschraubt! Wir können ihn betreten! Als ich am Geländer stehe geht die Sonne auf und es riecht nach Land und Grün und Stadt. Die Kinder erkunden fröhlich und munter jede Ecke und Papi ruft uns schon aus seinem Zimmer an. Gleich gibts Frühstück und danach ein kuscheliges, gar nicht schwankendes Bett. Wird schon alles irgendwie gutgehen!

Tag 29 und 30 – die Ankunft in Brisbane

Ich sitze alleine mit den Kinder in einem Quarantäne-Hotelzimmer und bin etwas durcheinander. Nachdem ich meinen letzten Beitrag eben noch mal gelesen habe, kann ich überhaupt nicht glauben, dass ich das erst gestern Vormittag geschrieben haben soll!

Was mache ich eigentlich hier? Ich sollte mit meinem Mann und dem Rest der Crew ausgiebig feiern, dass wir diese, echt schwierige und anstrengende Pazifik Passage, so gut gemeistert haben! Statt dessen sitze ich hier und mache mir größte Sorgen, was in den nächsten Tagen passieren wird. 

Aber der Reihe nach: wir nähern uns also Brisbane und der davor liegenden Morton Bay. Nachmittags kann ich endlich rufen: „Land in Sicht! Land ahead!“ Die Gegenströmung ist ordentlich und wir müssen permanent motoren. Groß und Genua stehen noch, damit auch die kleinste Brise mithilft. Um uns rum türmen sich wieder dicke Gewitterwolken auf und als wir nahe genug sind, um den Funk mithören zu können, wird auch dort eine Gewitterwarnung rausgegeben.

Durch einen Schauer müssen wir durch, aber das gewitterige Grau bleibt hinter uns zurück. Als es dämmert, nimmt die Strömung langsam ab. So soll es auch sein. Wir erreichen die ersten Fahrwassertonnen und Down Under erstrahlt in wunderschönem Abendrot. Hinter uns zucken die ersten Blitze in einer dicken dunklen Front, aber für Brisbane, tönt es aus der Funke, ist die Gewitterwarnung aufgehoben. 

Dann geht plötzlich der Generator aus. Zu heiß! Verdammt! Die Batterien haben nur knappe 60%, damit kommen wir nicht weit. In fliegender Eile macht JD den Motorraum und die Isolierung des Mistdings auf und der große Ventilator wird mit einem Verlängerungskabel, davor postiert. Zum Glück regnet es nicht.

Erster Startversuch nach 5 Minuten, zweiter nach 10. Kein Erfolg, Plan B muss her. Der Käptn funkt die Coast Guard an: Sailing Vessel JaJapami, bei Tonne NE1, muss Notankern. Wo können wir hin? Eine super kompetente und nette Frau bei Brisbane VTS, die maritime Verkehrssteuerung, nimmt sich der Sache an, während JD es noch einmal versucht.

Ich denke immer abwechselnd: verdammt, warum so kurz vorm Ziel und Gottseidank, hier ist Hilfe nicht weit, es kann nicht wirklich was passieren.

Dann springt er endlich doch wieder an! Wir geben Entwarnung, düsen weiter und Carlos und Julie zaubern aus allen verbliebenen Resten ein super letztes Dinner auf dem Meer. Danach bin ich völlig fertig und kann nur noch ein Weilchen auf dieses unglaubliche Wetterschauspiel, weit hinter uns starren. Ich habe noch nie so viele Blitze in, und aus den Wolken kommend, gesehen! Wäre das in einem Film, hätte ich gesagt: total übertrieben und unrealistisch!

Der Generator und die Männer halten durch, während ich die Flussdurchfahrt verschlafe. 

Es ist doch echt unglaublich, dass bei unserem wirklich guten, elektrischem Antriebssystem die einzige echte Schwachstelle ein Verbrennungsmotor ist!

Gegen vier Uhr morgens erreichen wir die Marina. Es ist dunkel und ein kalter Wind weht. Wir positionieren die Fender und JD parkt, trotz all der Strapazen, die Pami sahnemässig rückwärts in unsere Box ein. Tag 30 ist angebrochen und wir sind da. Endlich!

Und nun, sind wir in dieser unglaublich miesen Lage, dass die Hotel- und Queensland Health Verantwortlichen angabegemäß kein Zimmer für vier Personen hätte und sie daraufhin angewiesen haben, die Familie zu trennen!

Jetzt sind wir hier in zwei getrennten Quarantänezimmern eingesperrt!! Wir werden das nicht hinnehmen. Ein oder zwei Tage ist das absolute Maximum, das zu hinzunehmen. Leider war natürlich auch noch Samstag als wir einquartiert wurden, so dass weder in der Botschaft noch bei den Anwälten oder höheren offiziellen Stellen jemand erreichbar ist. Aber das ändert sich am Montag. Unsere australischen Segelfreunde auf Dunracin haben sogar schon die Sache an die Presse gegeben. Mal sehen, wie es sich die Situation entwickelt.

Wie wir mitten in der Nacht vom unserem Schiff gescheucht und totmüde mit diesen irrsinnigen Quarantänearragements konfrontiert wurden, schreibe ich in einem nächsten Blog!

Tag 28 nach Brisbane



Zum Glück ist die See extrem ruhig, obwohl wir genug Wind haben, um voran zu kommen. Er hat heute Nacht gedreht und kommt jetzt aus 40 Grad von vorne. Daher haben wir noch vor dem Frühstück, das Groß wieder gesetzt.

Das letzte Fleisch wird aufgetaut, die letzte Pampelmuse verputzt und das letzt saubere Tshirt mit Soße bekleckert. Aber die See ist ruhig, der Wassertank voll und der Generator muss sowieso laufen: wir können die Waschmaschine anschmeißen! Nachmittags hängt die komplette Reeling voller duftender, sauberer Wäsche. Das ist total skurril, mitten auf dem Ozean! Michel, Julie und ich müssen immer mal die Nase da rein stecken und schnuppern. Kleine Freuden.

Nach einem, doch recht fröhlichen und gemütlichem Nachmittag und Abendessen, kommen die fiesen Wolken wieder. Um Mitternacht zucken die Blitze vor uns am Horizont und der Weckruf kommt: Alle Mann an Deck und klar zu bergen Groß und Gennaker! Man ehy, dies mal muss ich mich aber echt aus dem Bett quälen. Wir Tüten alle Lappen ein, schnell und routiniert, bis Carlos auf einmal, beim schließen des Segelsacks nicht weiterkommt: „Was ist los?“ “I have fish under my feet.” Häh?, denke ich, wir stehen doch auf dem Dach der Pami, das habe ich falsch verstanden. Dann geht der Strahl seiner Kopflampe zu seinen Füßen und er steht tatsächlich halb auf einem Fliegendem Fisch. Der wollte mal hoch hinaus!

Nach weiteren, kümmerlichen 4 Stunden Schlaf gehts wieder los: Groß und Genua setzen und nach einer weiteren Stunde alles wieder wegpacken. Der Wind kann sich einfach auf keine Richtung einigen und wir wollen doch bitte endlich ankommen!

Jetzt läuft es endlich. Wir machen 7 kt mit dem Gennaker. Und ich bin Hundemüde und gehe jetzt in die Koje. Im Vergleich zum Käpt’n, habe ich übrigens richtig viel geschlafen und kaum gearbeitet…

10 Dez, 11 Uhr Bordzeit. 40 nm bis zur Bucht von Brisbane.

S 26*42 E 154*02. 10 kt TWS, 0* TWD, 7 kt SOG, Kurs: 250*

Tag 26 und 27 nach Brisbane

Tag 26 verstreicht weitestgehend ereignislos und heute fange ich an zu packen. Für das Quarantänehotelgefängnis. Es fällt schwer nicht missmutig zu werden.

JD hat noch mal alles versucht: unserem Agenten geschrieben und mit ihm telefoniert, den zuständigen Behörden geschrieben, einen langen Antrag ausgefüllt und unsere Aussi Freunde um Rat gefragt, aber es hilft alles nichts. Wir dürfen nicht in New South Wales, wo es keine Quarantäne mehr gibt, einlaufen und wer in Queensland einläuft, muss in Quarantäne. Immer noch. Nach Logik und Sinn darf man hier nicht fragen. Natürlich ist es völlig ausgeschlossen, dass wir COVID an Bord haben, aber Gesetz ist Gesetz und auch logisch begründete Ausnahmen werden nicht gemacht.

Wir wissen, was auf uns zukommt, daher nehmen wir den halben Haushalt mit. Von Besteck und Geschirr bis zur Kaffeemaschine und Drucker. Ich erwäge ernsthaft, die Nähmaschine einzupacken und die ganze große Legokiste darf mit!

Segeln ist heute durchwachsen. Immer wieder müssen die Motoren mitlaufen, damit wir nicht zu spät kommen. Die Bucht von Brisbane ist nämlich riesig und wir müssen einmal quer durch und ein Stück den Fluss rauf, bis wir in der Marina sind. Dabei will die Tiede beachtet sein, denn 40 Meilen wollen wir nicht gegen den Strom anstampfen! Da wir uns natürlich auch nicht die ganze Nacht um die Ohren hauen wollen, müssen wir uns halt jetzt beeilen!

9 Dez, 13 Uhr Bordzeit. 150 nm östlich von Brisbane.

S 26*23 E 156*01. 6 kt TWS, 320*TWD, 5 kt SOG, Kurs: 250*

Tag 25 nach Brisbane

Der Nikolaus hat es bis auf die Pami geschafft, Gottseidank! Schokolade, deutsche Comics und ein kleines Spiel. Die Jungs sind begeistert und verbringen tatsächlich den ganzen Tag mit Lesen und den kleinen Pappmonstern aus dem Spiel. Sie haben sich dazu ein eigenes Abenteuerspiel ausgedacht.

Bis Nachmittags passiert nicht viel. Dann verdüstert sich der Horizont. Regen droht und weit weg sehen wir erstes Wetterleuten. Laut Vorhersage, soll das ganze Gelumpe südlich von uns bleiben. Hoffentlich weiß es das auch!

Bevor es ganz dunkel wird, bergen wir den Gennaker und als wir die ersten, fetten Blitze, weit weg ins Meer schlagen sehen, ändert der Käpt’n den Kurs von West nach Nord. Vorsichtiger Rückzug mit Sicherheitsabstand. Die Computer und Handys wandern trotzdem in den Faraday-Käfig, die Mikrowelle.

Die Vorhersage stimmt. Als das Essen auf den Tisch kommt, regnet es zwar heftig, aber es ist klar, dass das Gewitter abzieht. Wir können wieder auf Kurs gehen. Die Nacht bleibt ruhig und trocken, aber langsam. Als ich Carlos ablöse, holen wir kurz noch JD dazu und setzen den Gennaker. Mittlerweile sind wir bei wenig Wind und 26*C, im Butterfly unterwegs.

7 Dez, 11 Uhr Bordzeit. 432 nm östlich von Brisbane.

S 25*50 E 161*10. 13 kt TWS, 110* TWD, 7 kt SOG, Kurs: 260*

Tag 23 und 24 nach Brisbane

Tag 23

Der Wind lässt nach! Das wollen wir nicht! Schaukeln und krachen und knarzen ist alles egal, Hauptsache wir kommen weiter so gut voran.

Aber es hilft ja nichts, vormittags werden Groß und Genua eingeholt und der Gennaker wird gesetzt. Erst machen wir so weiterhin 7 Knoten, nachmittags sind es allerdings dann nur noch 5.

7 Meilen pro Stunde, macht 840 Meilen in 5 Tagen.

5 Meilen pro Stunde, macht 840 Meilen in 7 Tagen.

Um 16 Uhr sind es noch 820 Meilen. Noch Fragen?

Tag 24

Alles läuft gut auf der Pami. Der Tag startet mit einem ordentlichen Schauer und wäscht uns endlich das Salz vom Deck und vor allem von den Solarpaneelen. Die See ist recht ruhig, der Wind hat nachgelassen und ist längst nicht mehr so kühl. Die Socken können wieder in die Kiste.

Wenn es um Mitternacht nicht noch einen Weckruf gegeben hätte, wäre die Nacht prima gewesen. Aber der Wind stieg auf 22 Knoten, zu viel für den Gennaker und er musste eingerollt werden. Tags können wir unser Tempo gut halten. Beste Segelbedingungen mit Gennaker oder im Butterfly mit der Genua dazu, platt vorm Laken, mit direktem Kurs auf Brisbane. Perfekt.

Die Kinder haben heute auch einen besonders netten Tag. Vormittags bauen sie für die Murmeln ein großes Lego-Labyrinth und die Schiffsbewegungen lassen die Kugel munter durch die Gänge klickern. Sieht wirklich toll aus! Dann gibt es viele Diskussionen darüber, ob der Nikolaus uns hier draußen wohl finden kann? Und am späten Nachmittag kreuzt ein großes Containerschiff unseren Weg. Es ist auf Kurs nach Neuseeland und zieht 3 Meilen vor uns durch – bestimmt war der Nikolaus dort an Bord und hat für die Jungs ein paar schöne Gaben dabei! Wir legen eine Duftspur, in dem wir nochmal Plätzchen backen und stellen, in Ermangelung von Stiefeln, ein Palmblattkörbchen mit unseren größten Schätzen für den Esel auf: Eine Möhre, ein Stück Schwarzbrot und Trinkwasser.

Apropos Möhre: mit dem Proviant haben wir es am Ende ziemlich gut hingekriegt. Wir haben noch 5 Möhren, 5 Zwiebeln, 6 Apfelsinen, eine Pampelmuse und ein paar Kartoffeln. Das letzte Filet wird morgen aufgetaut und dann gibt es noch ein Hühnchen. Käse und Butter werden genau reichen. Das heißt, es muss nichts weggeworfen werden und wir haben auch nichts schmerzlich vermisst. Die Behörden in Aussi würden alles Fleisch, auch tiefgekühltes, Obst, Gemüse, bestimmte Milchprodukte und Saaten, wie getrocknete Linsen, konfiszieren und vernichten.

Die Nacht bleibt so angenehm wie der Tag, alle sehen morgens deutlich fitter aus.

6 Dez, 10 Uhr Bordzeit. 568 nm östlich von Brisbane.

S 25*46 E 163*41. 14 kt TWS, 65* TWD, 6 kt SOG, Kurs: 260*

Tag 22 nach Brisbane

Kaum eine Änderung. Mal kommt die Welle mehr achterlich, mal mehr seitlich, mal mehr und mal weniger steil. Je nachdem wird das knarzen und scheppern der Segel, das Schaukeln des Schiffs und das Gurgeln und Rauschen und vor den Rumpf Geballere der See, mehr oder weniger.

Wir sind weiter ganz gut drauf, kochen, spielen und plaudern, aber es macht sich doch eine gewisse Erschöpfung breit. Das Meer fordert seinen Tribut, vor allem von uns vier Großen.

4 Dez, 16 Uhr Bordzeit. 819 nm östlich von Brisbane.

S 25*39 E 168*22. 14 kt TWS, 65* TWD, 5 kt SOG, Kurs: 260*