Schwertfisch, Hotel und Sturm

Mittlerweile sind wir in Tikehau schon ganz gut rumgekommen. Auch wenn unser Batterieladestatus die zu motorenden Strecken limitiert. Wetter und das Versorgungsschiff DORI bestimmen den Rhythmus des Atolls und die Zugruten der Segler. DORI kommt Dienstags, also ankern auch wir Dienstags in der Nähe des Dorfes. Es sind ungefähr eineinhalb Stunden von dem Ankerplatz am Pass, bis dorthin.

Ist man schon vorher da, kann man in dem Mini-Markt eine kleine Bestellung aufgeben und muss sich dann nicht beeilen, Mittwoch morgens noch etwas frisches zu ergattern. Kartoffeln, Zwiebeln, Möhren, Tomaten, Gurken, Äpfel und Birnen gibt es. Manchmal auch Salat und einmal sogar Mangos!

Als sich letzte Woche schlechtes Wetter ankündigte, sind wir mit der Pami in die kleine Marina gefahren und haben für zwei Nächte an dem Schwimmponton festgemacht. Das macht nicht nur das Versorgen, sondern auch das Entsorgen leichter! Der Müllplatz ist nämlich ein gutes Stück entfernt und wenn man kein Dingi, dafür aber einen Bollerwagen benutzen kann, tut man sich deutlich leichter!

Das Wetter war dann auch tatsächlich fürchterlich. 42 Knoten Spitze, das ist Sturmstärke und am Anker echt nichts für schwache Nerven. Wir haben daher gerne für eine zweite Nacht bezahlt, auch wenn die Gebühren, für diese Location, recht bemerkenswert waren. Dafür konnten wir aber die Energie für Mittagessen sparen und sind in den Regenpausen zur Snackbar gegangen: Fisch oder Hühnchen? Frittiert oder vom Grill? Lieber rohen Fisch, mit Kokos oder als Carpaccio! Mhhh…

Und dann gab es aus unverhoffter Quelle noch mehr Fisch! Neben uns hat ein Fischer mit einem bemerkenswerten Fang festgemacht: Ein drei Meter Schwertfisch, mit der Angel gefangen! Ein Riesenvieh mit erstaunlich blauen Augen! Drei Stunden haben wir zugesehen, wie mit Hilfe der schnell herbeigeholten Familie und viel Eis, der große Raubfisch in viele säuberliche, kleine Filets zerteilt wurde. Die Abfälle gingen natürlich über Bord. Über 20 Black Tips (die kleinen, harmlosen Haie hier in den Atollen) haben eine riesen Party gefeiert! Es war spektakulär die Meute beim zerreißen der Beute zu beobachten, selbst die Fischer, die ja bei der Arbeit waren, haben immer wieder kurz innegehalten um zuzusehen.

Nachdem auch der Kopf mit der langen, schwertartigen Nase, im Hafenbecken gelandet war (unter heftigem Flossenklatschen der Haie) wurde das Handy gezückt und eine Waage ausgepackt. Eine Stunde später war der halbe Fisch, an grüppchenweise auftauchende Kunden, verkauft und der Rest, in Eis, auf den Pickup verladen. Wir haben tatsächlich ein tolles Stück geschenkt bekommen, obwohl wir nicht mehr getan haben, als Mutter und Baby eine Zeit lang, mit dem Regenschirm, Schatten zu spenden.

Mariniert und vom Grill eine wahre Köstlichkeit, von der tatsächlich auch Paul mitgegessen hat!

Endlich kam die Sonne wieder raus und wir sind ganz langsam, um nicht zu viel Strom zu verbrauchen, zum Royal Tikehau motort und haben vor dem Hotel den Anker fallen gelassen. Nachmittags bin ich mit Michel rübergefahren, um zu fragen, ob wir mit dinieren können? Könnten wir gerne; na wunderbar!

Nebenbei kam mir der Akzent der blonden Frau, die nach einem Sonnenschirm fragte, doch sehr vertraut vor. Eine Berlinerin – ob wir nicht ihre Familie kennenlernen wollten? Natürlich wollten wir und zehn Minuten später waren Michel und der fünfjährige Emil schon dabei, über unterschiedliche Taucherbrillen zu fachsimpeln.

Vier Nachmittage haben die drei Jungs zusammen verbracht und auch für uns war es eine nette Abwechslung. Danach hat die Familie ihren Elternzeit-round-the-world-Tripp fortgesetzt und wir hatten nochmal einen richtig aufregenden Abend:

Zum Abschied gab es gleich zwei Cocktails, weil es halt gerade so schön war. Darüber ist es dunkel geworden und wir haben erst auf dem Weg zur Pami gemerkt, wie hoch die Wellen bei dem stetig zunehmenden Wind geworden waren. Triefend nass sind wir längsseits gegangen und ausgesprochen mühsam an Bord geklettert. Schon 28 Knoten Wind! Dafür haben wir eigentlich viel zu flach geankert! Aber in keiner Vorhersage war das angekündigt. Um das Dingi hochzuziehen war es schon viel zu schaukelig, also musste es an einen langen Festmacher und alleine zusehen, dass es in den immer höheren Wellen nicht kentert.

32 Knoten, jetzt aber schnell. JD hat versucht das bockende Beiboot nahe genug zu halten, dass ich den Festmacher einfädeln konnte, ohne dass es uns die unterste Stufe vom Rumpf kaputt hauen konnte. Dann war das Tau durch, aber bevor ich den Knoten machen konnte, kam die verflixte, hohe Welle und hat mir ein ausgesprochen unfreiwilliges, spätes Bad beschert. Nach nur einem Cocktail wäre das vermutlich nicht passiert… Es war nicht wirklich gefährlich, aber zwischen der stampfenden Pami und dem tanzenden Dingi, im Dunkeln die Badeleiter zu erwischen, war echt kein Spass.

Ich nass und JD fluchend, haben wir das Manöver schließlich doch zu Ende geführt. 37 Knoten spitze, bei 2,60 Meter Wassertiefe war ganz schön wild, aber unser Anker hat, wie immer, super gehalten und dem Dingi ist auch nichts passiert. Nach ein paar Stunden war der Spuk vorbei und wir konnten beruhigt schlafen gehen. Man man man.

War diese Piña Colada schuld?

Am nächsten Tag sind wir zurück zum Ankerplatz am Pass gesegelt, um – man höre und staune! – den Generator zu reparieren. Zwischenzeitlich kam nämlich die erlösende Nachricht, dass der Wärmetauscher in Tahiti angekommen ist. Nach nur sechs Tagen! Sensationell!

Unser Freund, der Inhaber von Wakame-Sushi, hat uns den Kontakt zu jemand vermittelt, der schnell und effizient, das Paket in den nächsten Flieger nach Tikehau verladen hat. Hier hat es JD, nach 24 Stunden, dann auch aufgestöbert. Es stand zwar dick JAJAPAMI TIKEHAU VILLAGE drauf, ist aber trotzdem erstmal im Hotel „Tikehau Village“ gelandet…

Zusammen mit dem hilfsbereiten Ryen von der SOUL REBEL, hat JD den nächsten Tag im Motorraum geschwitzt. Es sieht so aus, als wären wir wieder mobil! Während ich hier schreibe, läuft der Generator zum ersten Mal wieder unter Volllast und die Temperatur bleibt im tollerierbaren Bereich.

Wir hoffen das Beste und planen mal vorsichtig, in den nächsten Tagen nach Rangiroa, dem wesentlich größeren Nachbaratoll zu segeln!

Ein Barbecue auf Tikehau

Tikehau ist ein Atoll ganz im Westen der Tuamotus. Nicht besonders groß, aber immerhin kann man die Motus auf der gegenüberliegenden Seite des Ringriffs nur an ganz klaren Tagen erkennen.

Kommt man durch den einzigen Pass des Atolls, stehen direkt links einige Häuser, die von einer Fischer Familie bewohnt werden. Eingerahmt von zwei Mini-Pässen, die wie flache, stark fliesende Flüsschen wirken, liegt daneben ein ausgesprochen malerisches Inselchen, auf dem Yannik eine Wellblechhütte und einen Wassertank errichtet hat. Hier wohnt er zum Copra machen und Fischen. Sein richtiges Haus steht in dem kleinen Dorf, auf dem größten Motu des Atolls.

Yannik ist der angeheiratete Cousin von Helmer, und Helmer, der Columbianer, ist ein Taucher-Freund von „unserem“ Geri, der hier lebt und uns erwartet hat.

Helmer (sprich: Elmähr) mit dem Käpt’n

So kamen wir also gleich in den Genuss, von Freunden begrüßt und hier herumgeführt zu werden. Helmer arbeitet für die Tauchschule, verbringt aber viel Zeit bei Yannik und hilft wo er gebraucht wird.

Gleich an einem der ersten Abende, wurden wir zum polynesischen Barbecue eingeladen! Großartig! Während wir friedlich am Anker schaukelten, mit Frühstück und Schule beschäftigt, sind die beiden zum Aussenriff getuckert und haben, mal eben, ein Duzend kleine Rifffische gefangen.

Speerfischen heisst, mit Armbrustähnlichem Gerät zu jagen – selbstverständlich ohne Tauchequipment. Man muss also ordentlich lange die Luft anhalten können, sehr zielsicher sein, und seinen Fang, furchtlos vor den zahlreichen Haien, zurück ins Boot befördern. Ist der Fisch zu groß und stark, zieht er den Pfeil mit der Leine und allem was daran häng in die Tiefe. In der Regel ist das die Abschussvorrichtung; also ein teurer Verlust. Läuft es irgendwie dumm, hängt auch der Taucher mit dran und dann kann es gefährlich werden. Wir haben schon viele Segler, Männer, Draufgänger, langes Tauchergarn spinnen hören, was sie dabei so erlebt haben.

Mir würde das wohl auch Spaß machen, allerdings schreckt mich die Vorstellung, mit einem blutenden Fisch in der Hand, durch ein Meer voller Haie – nur bildlich gesprochen – zu meinem Boot schwimmen zu müssen dermaßen, dass ich es dann doch lieber bleiben lasse.

Nun, Yannik hat damit offenbar keinerlei Probleme. Klar, er stammt ja auch von hier. Vermutlich würde er dafür niemals die B7 ohne Ampel überqueren!

Die Fische kommen auf einen selbstgebastelten Riesenrost, über ein heruntergebranntes Feuer am Strand. Gleichzeitig werden die großen, grünen Brotfrüchte in die Asche gelegt. In einer unglaublich kurze Zeit wird Kokosmilch hergestellt: die braunen, halb verrottet aussehenden Nüsse werden auf einen Metallpin aufgespießt und die faserige Hülle abgerissen und -gehebelt. Die eigentliche Nuss wird nun mit der Machete halbiert und mit einem interessanten Metall-draufsitz-Raspeler, zu Brei geschabt. Den Brei fluchs in einem Tuch ausdrücken, und voila, frische Kokosmilch für Poissont Crue ist fertig! Rohen Papageifisch in Limone garen, Tomate, Gurke, Zwiebel und Kokosmilch dazu: fertig ist das Nationalgericht von Polynesien!

Yannik und der erste Schritt zu Kokosmilch

Leider sind beide Jungs gerade in einer totalen anti-Fisch Phase… auch diese wunderbare Brotfrucht in Kokosssauce, mag von uns nur ich. So müssen die Lütten von mitgebrachtem Reis und Sojasauce Sattwerden, während wir in Fisch schwelgen!

Mehr als zehn Segler sind nicht in Tikehau. Die meisten haben wir schon kennengelernt: beim ersten Grillen ein Norwegisch-Französich/Polynesiches Paar, etwas jünger als wir; SOUL REBEL mit der zweijährigen Chloe, die schon seit Jahren hier sind und sehr nett und hilfsbereit; der drahtige Franzose; das australische, junge Pärchen; die spanischen Musiker, die zu viert auf einem kleinen Monohull hausen und die älteren Amerikaner, die pausenlos angeln.

Alles in allem ein sehr netter Trupp, der beim zweiten Barbecue auf Yanniks Motu, fast vollständig anwesend war!

Ryan, der junge Vater von der Soul Rebel, hat einiges Verständnis für Generatoren und ist sehr interessiert an unserem Antrieb. Gleich in den ersten Tagen hat er mit JD zusammen im Motorraum rumgeschraubt, und versucht den Fehler für die neuerlichen Überhitzungen unseres Mist-Generators zu finden. Leider war es nicht der Thermostat – und mittlerweile macht sich ein Wärmetauscher aus Deutschland, auf den langen, beschwerlichen Weg zu diesem Südseeatoll. Ich staune immer wieder, was nötig und auch möglich ist, um ein Boot, in diesem abgelegenen Teil der Welt, zu reparieren!

Wir üben uns derweil weiter im Energiesparen. Würde ständig die Sonne auf unsere Solarpaneele scheinen, müssten wir uns kaum Gedanken machen. Aber es ist Regenzeit in diesen Breitengraden, und drei Tage dicke Wolken und Regen, ist nicht ungewöhnlich. Sieht man mal von Pamis Batterieladestatus ab, ist das auch ganz gut so. 30-34 Grad ist verflixt warm und der ständig nötige Sonnenschutz für unsere kleine, blonde Familie, kann ganz schön anstrengend werden, wenn man ihn immer und immer wieder den spielfreudigen, kindlichen Gemütern erklären muss.

Den Jungs geht es übrigens super hier! Sie werden es nicht müde, in diesem warmen, klaren Wasser und an den Korallensandstränden zu spielen. Es gibt wenig Streit und sie scheinen auch keine anderen Kinder zu vermissen. Unser Fünfjähriger hat seinen Nachmittag heute mit Haie-Necken verbracht (von Land aus 😉 – schon ein bisschen cool, oder?

Noch eine Anekdote zum Abschluss: Kleine, mehr oder weniger braune Mischlingshunde, gibt es hier überall. Zwei natürlich auch auf Yanniks Motu. Anfangs habe ich mich gewundert, warum die beiden Streuner weite Strecken schwimmend und über kleine Sandbänke watend, bis zur Grenze in tiefere Wasser unterwegs waren. Was wollen Hunde da? Die Aussicht genießen? Von Wegen! Die wollen Haie jagen! An Land gibt es ja nichts ausser Krabben, will man als Hund also ein bisschen Spass haben, muss man schon ins Wasser gehen!

Als wir beim Grillen, die Gräten ins flache Wasser um die Insel geworfen haben, kamen die vielleicht ein Meter großen Black Tips ganz nahe und die Hunde hatten ihre Show: sie sind in Wasser gespritzt, auf den nächste Hai los, und haben ihn mal ordentlich durchs Wasser gescheucht! Unglaublich, mit welcher Kraft und Geschwindigkeit sich dieser kleine Hai durch so flaches Wasser gearbeitet hat! Von Schwimmen konnte keine Rede sein, er war höchsten zur Hälfte in Wasser, dennoch kam er irgendwie schneller voran, als der kleine Mischling, der ihm auf den Färsen war. Endlich tiefes Wasser – und schwups weg war er. Gut so für alle, denn schon mal werden die Hund auch von den Haien verletzt und das möchte natürlich niemand.