Ausflug nach Moorea

Tahiti, 1. August 2019

Liegt man in einer Marina und möchte schwimmen gehen, sollte man nicht unbedingt einfach von Bord springen. Klar, Betrunkene und Kleinkinder laufen Gefahr auf den Ponton zu krachen, aber das meinte ich nicht. Auch wenn das Wasser so klar aussieht wie hier, schwimmt mit Sicherheit immer so einiges Ekeliges herum. Und dabei denke ich nicht an die Hinterlassenschaften der Bootsbewohner, sondern der Boote selbst.

Paul, Michel und Oli rudern durchs Hafenbecken.

Wer hier in Papeete ankommt, hat meist seit Monaten kein fließendes Wasser mehr zur Verfügung gehabt und fängt daher als erstes an, wie Meister Propper persönlich, sein Schiff von oben bis unten zu wienern. Was da alles an Dreck und Reinigungsmitteln ins Wasser fließt, möchte man gar nicht so genau wissen. Liegt die Marina dann noch wie hier in einem riesigen Hafenbecken mit Containerterminal und Fähranleger ist es schon bemerkenswert wenn man ein halbwegs intaktes, marines Ökosystem vorfindet.

Neben der Uferpromenade ist ein kleiner Korallengarten auf Gittern angelegt worden. Nachts blau angeleuchtet ist das ein echter Hingucker! Da sich tatsächlich einiges an Rifffischen eingefunden hat, sieht man auch immer wieder größere Räuber, wie Barracudas, am Rande des Lichts lauern. Dazu noch Schildkröten zwischen den Schiffen und einmal ein kleiner Hai – für einen Hafen wirklich nicht schlecht. Trotzdem, schwimmen sollen die Jungs hier nicht.

Also haben wir einen kleinen Badeausflug nach Moorea, der Nachbarinsel, gemacht. 20 nm sind ein Katzensprung und in ein paar Stunden waren wir da. Ein bisschen ruppig war es allerdings! Nach so langer Zeit fest vertäut am Steg, war von unseren Seebeinen nicht mehr viel übrig und ich war froh, als wir die Nordöstliche Ecke der Insel gerundet hatten und es ein bisschen ruhiger wurde.

In der berühmten Cooksbay soll es zwar sehr hübsch sein, aber schlecht zu ankern. Wir sind daher direkt eine weiter, in die Opunuohu Bay. Bei ziemlich heftigem Westwind haben wir das Aussenriff passiert und natürlich wurde die See damit schlagartig ganz ruhig. Der Wind allerdings blieb, und wir konnten nicht verstehen, warum so viele Yachten vor dem Eingang der Bucht lagen. Die Ketten stramm gespannt und immer in der wagen Angst, dass der Anker des Nachbarn, oder vielleicht auch der eigene, nicht hält, sind keine guten Voraussetzungen für einen ruhige Nacht!

Wir sind also bis zum Ende der tief eingeschnittenen Bucht gefahren und haben dort gemütlich und windstill mit zwei anderen Yachten gelegen. Hier münden zwei Flüsschen, daher ist das Wasser recht trüb – dennoch ein hübsches Plätzchen!

Trampolin springen vor Traumkulisse

Nachmittags habe ich eine nette Kayaktur gemacht. Am dem kleinen Strand saßen ein paar Männer in den besten Jahren und haben immer wieder freundlich, mit viel alt-Herren-Charme, versucht mich auf ein Bier einzuladen. Vielleicht beim nächsten mal Jungs! Diesmal wollte ich ein Stückchen den Fluss raufpaddeln.

Auf der Brücke, welche die Mündung überspannt, hatte sich eine Horde kleiner Jungs mit waghalsigen Sprüngen ins Wasser vergnügt. Ich bin also schön vorsichtig drunter durch und habe erst mal nach oben gespäht, bevor ich ganz aufgetaucht bin, damit mir keiner von den kleinen Rackern aufs Boot springt. Wie dumm von mir! Als ob sie mich nicht gesehen hätten! Ich guckte in fünf strahlende Kindergesichter, die, mit dem Schalk im Nacken, zu mir runter spähten, und nur darauf warteten, dass ich gänzlich auftauchte. Natürlich kann man dann nicht kneifen! Also Augen zu, stabil hinsetzen, zwei Paddelschläge – und schon gab fünf gut platzierte Platscher direkt neben mir, die ein späteres Badengehen völlig obsolet machten. Mit viel Gekicher ihrerseits und „Mau ru uru“s (Danke), meinerseits, bin ich weiter den Fluss hoch. Natürlich in der Gewissheit, dass sie gewiss nicht heimgehen würden, ohne mich auf meinem Rückweg noch einmal erwischt zu haben.

Ich hätte Paul und Michel ja mit der Horde bekannt gemacht, aber wir sind am nächsten Morgen wieder raus aus der Bucht und auf zum nächsten Ankerplatz. An der Nordwestlichen Ecke der Insel war es auch ausgesprochen hübsch, allerdings hat uns der Wind ganz schön eins ausgewischt! Wir sind raus aus dem Riff und am nächsten Pass, nach Seekarte und Sicht (Augapfelnavigation) wieder hineinmotort. Das Fahrwasser war gut betonnt, aber ziemlich schmal und drum herum alles voller Riffen und Bommies. Bei Böen von über 25 kn von Backbord ist uns schon ganz schön die Düse gegangen, ob wir hier problemlos durchkommen!

Tatsächlich haben wir vor der letzten S-Kurve, die zu dem beschriebenen Ankerplatz, vor den beiden Motus (Inselchen) führte, gekniffen! Auf drei Metern haben wir den Anker mitten im Fahrwasser fallen lassen. Wir wurden von vielen, Touristen transportierenden, Wassertaxis und Kitsurfern umkreist, aber niemand hat Anstoß an unserem, etwas ungewöhnlichem Ankerplatz genommen. Ein freundlicher Zuruf, dass das Wasser dahinten tiefer wäre, war alles.

Nun ja, den Wind haben natürlich alle gespürt. Die Surfer haben sich gefreut, aber alle die Kayaken wollten, hatten schwer zu kämpfen. So auch ich. Am ersten Nachmittag bin ich kaum bis zum Anker gekommen und habe den Weg zu den Motus gar nicht erst versucht. Auch am zweiten Tag wurde es nicht viel besser. Mit dem Kayak kam ich zwar an Land und zu den Inseln, aber um die ganze Familie mit dem kleinen Zweitdingi an Land zu rudern, war es immer noch entschieden zu viel. Aber kein Problem, der Anker hält. Dank Plastimo drei Wetter Taft usw…

Natürlich hätten wir das große Beiboot aus der Hochseeverschnürung, in der es noch von den Tuamotus steckte, befreien können. Damit ist Anlanden aber nicht so einfach, da es zu schwer ist, um es auf den Strand ziehen zu können. Alles in Allem zu viel Aufwand für zu wenig Sehenswertes. Und Schwimmen und Schnorcheln konnten wir auch von Bord aus ganz wunderbar! Unglaublich klares Wasser, durch das man metertief die Rifffischchen an den Korallenköpfen sehen kann. Über Wasser das Bild, für das die Südsee so berühmt ist: sattgrün bewachsene, steile Inselhänge, hinter leuchtend türkisfarbenen Wasser, gesprenkelt mit Korallenköpfen auf weissem Sand. Einfach wunderschön.

Für den Interessierten noch eine kleine Abhandlung zu den geologischen und geographischen Gegebenheiten dieser Inselwelt:

Unterseeische Vulkane, verursacht durch die Hot Spots, „Löcher“ zwischen Kontinentalplatten, lassen Inseln entstehen. Durch den vielen Regen entsteht eine üppige Vegetation auf den steilen Hängen. Repräsentanten dieses Stadiums sind die Marquesas, im Norden Französisch-Polynesiens.

Im nächsten Zeitabschnitt bilden Korallen, im Schutze der Berge, ein Ringriff um die Insel. Innerhalb des Riffes kann sich, in, von der großen Pazifikdünung völlig geschützen Umgebung, eine einzigartige Unterwasserwelt entwickeln. Voilà – wir sehen die Gesellschaftsinseln, mit Tahiti, Bora Bora, Moorea und den anderen, weniger touristischen Eilanden.

Schaukasten des Perlenmuseums in Papeete.

Die nächste Stufe der erdgeschichtlichen Entwicklung zeichnen die Tuamotus: tektonische Bewegungen der Erdkruste verschieben sozusagen die Inseln mit der Erdkruste weg von den Hot Spots und damit erlöschen die damit verbundenen Vulkanen. Die erkalteten Vulkanschlote kristallisieren hauptsächlich zu Basalt. Aufgrund ihres unglaublichen Gewichtes versinken sie dann über Jahrmillionen in der Erdkruste. Zurück bleibt einzig dass ringförmige Korallenriff, in dem sich viele Abschnitte zu richtigen Inseln, den Motus, geformt haben. Und es gibt südlich von Tahiti ringförmige Strukturen, die wohl versunkene Ringinseln sind… sie sind etwa 200 bis 500 Meter unter der Meeresoberfläche, aber eben entsprechend über den 4000 Metern die hier die „normale“ Meerestiefe ausmachen.

Was wir also hier in wenigen Wochen besegelt haben, spiegelt eine kaum vorstellbare Zeitspanne der Erdentwicklung dar. Und sie ist längst nicht abgeschlossen! Zur Zeit entsteht südöstlich des Gambier-Archipels eine neue Insel (Bank Mac Donald). Noch liegt sie 10 Meter unter der Meeresoberfläche, aber nur eine Eruption mehr könnte sie in einem, oder vielleicht in 10 Jahren, endgültig in die Luft erheben. Ein neues Südseeeiland wird entstehen und wir können nur hoffen, dass Klimawandel, Polareisschmelze, Korallenbleiche und alles was dazu gehört, die Entwicklung eines neuen Paradises nicht gleich im Keim erstickt.