In der YACHT

Yacht 10/2020

Meine erste, lange Fassung, mit einem Beitrag von Johanna (Familienkatamaran CHASING WATERFALLS), könnt ihr im folgenden lesen:

JaJapami liegt neben dem Tiputa-Pass in Rangiroa vor Anker. Wenn die Kinder kurz still sind, ist das einzige Geräusch das ich hören kann, der Ozean, der aussen vor das Atoll brandet. Das ist zwar eigentlich wunderschön, aber für dieses Fleckchen in den Tuamotus höchst ungewöhnlich! Hier, an einem der besten Tauchspots in ganz Polynesien, summt und brummt der Touristenverkehr normalerweise von morgens bis abends.

Jetzt sind Hotels und Tauchschulen verweist und neben uns liegen nur zwei andere Yachten an dem Ankerplatz, den wir vor vier Wochen noch mit 16 weiteren Booten geteilt haben.

Als der Lock down für Französisch Polynesien (FP), mit allen Konsequenzen für uns Segler, beschlossen wurde, waren wir gerade sieben bewohnte Yachten hier. Wir haben über Freunde und Internet von den neuen Verordnungen erfahren – aus Rangiroa hat sich erst einmal niemand bei uns gemeldet. Bis zum 18. März gab es nur Gerüchte, dass Covid-19 tatsächlich auch das Leben in FP beeinflussen könnte und dann überschlugen sich plötzlich die Ereignisse.

Vier Fälle wurden gemeldet: Drei in Tahiti und ein Schweizer Tourist auf Fakarava, einem weiterem Tauchtouristischer Hotspot in den Tuamotus. Die Regierung hat daraufhin die Heimsendung aller nicht hier wohnhaften Menschen beschlossen. In kürzester Zeit wurden alle Hotels, Restaurants Tauchschulen etc. geschlossen, mit den letzten Innerpolynesischen Passagierflügen alle Touristen nach Tahiti geschickt, und eine Verordnung für alle Segler erlassen, die sehr kurzgefasst besagt: Keine Schiffsbewegungen mehr!

Zu uns an den Ankerplatz kam die Gandarmerie am 22. März und hat alle Schiffe aufgefordert, Rangiroa sofort zu verlassen. Das Dorf hätte weder die medizinischen Kapazitäten uns mitzuversorgen, noch könnte eine ausreichende Lebensmittelversorgung sichergestellt werden. Daher sollten wir uns umgehend auf den Weg nach Tahiti machen.

Der Erlass mit dem Verbot der Schiffsbewegung trat interessanterweise bereits am 21. März um Mitternacht inkraft.

Wir haben uns daher via Email mit offiziellen Behörden in Tahiti in Verbindung gesetzt, um uns Rückzuversichern, und aus dieser Quelle ebenfalls bestätigt bekommen, dass wir uns möglichst schnell auf den Weg nach Tahiti machen sollten. Daher sind wir noch am Nachmittag mit zwei anderen Booten ausgelaufen. Wir hatten die Hoffnung, dass der Wind gerade noch ausreichen würde, um uns mit 2 bis 3 Knoten nach Tahiti zu bringen. Dem war aber leider nicht so. Ausreichend Diesel um die 200 Meilen komplett zu Motoren hatten wir nicht an Bord, daher haben wir einen Freund in dem kleinen, verschlafenen Nachbaratoll Tikehau angerufen und uns nach der Situation dort erkundigt. Leider hat dieser Freund die Lage ziemlich verkannt und uns gesagt, es wäre alles easy und wir könnten gerne kommen.

Während wir in die Nacht hinein nach Tikehau motort sind, erreichte uns eine Nachricht von unserem Nachbarboot in Rangiroa: Die Gandarmerie wäre noch einmal zu Ihnen gekommen, nun mit der Anweisung Vorort zu bleiben und den Quarantäneanweisungen, die für ganz FP gelten, für die nächsten 14 Tage Folge zu leisten. Wir sind daher mit einem höchst flauen Gefühl im Magen, kurz nach Sonnenaufgang des nächsten Tages, durch den Pass nach Tikehau eingelaufen.

An dem uns vertrauten Ankerplatz direkt neben dem Pass, lagen fünf Segler. Kaum waren wir sichtbar, lösten sich zwei Dinghis aus der Gruppe und kamen auf uns zu. Ein guter Bekannter und ein fremder Segler, begrüßten uns unfreundlich mit dem Worten: „You can’t come in! You must leave Tikehau right now! Der Bürgermeister wird Euch inhaftieren und uns andere Segler rausschmeissen, wenn ihr nicht sofort wieder auslauft! Alle haben furchtbare Angst, das wir Touristen den Einheimischen die Krankheit bringen.“

Da es uns nicht gelungen ist, jemand offizielles zu kontaktieren, haben wir nach etwa einer halben Stunden auf dem Teller gedreht und uns auf den Rückweg nach Rangiroa gemacht. Nach einer weiteren durchmotorten Nacht, waren wir, wiederum früh morgens, zurück in Rangiroa und der Käpt’n hat die dortige Gandarmerie angerufen. Wir waren verflixt erleichtert, als wir zu hören bekamen: „SY JaJapami? Ja, Sie dürfen an Ihren früheren Ankerplatz gehen und erst einmal unbegrenzt bleiben.“

Und da sind wir nun. Die Quarantäne ist vom 5. auf den 15. April verlängert worden. Der aktuelle Erlass, besagt sinngemäß, dass Schiffsbewegungen, Landgänge und Wassersport während der Quarantäne untersagt sind. Natürlich gibt es Ausnahmen, die das Lebensnotwendige regeln.

Neben Tahiti stehen vor allem die Marquesas, Nuku Hiva und Hiva Oa, im Brennpunkt des Seglerinteresses. Hier haben nicht nur viele Segler die Zyklonsaison verbracht, sondern es kommen immer noch neue Boote aus dem Osten an, die gerade den Pazifik überquert haben. Die Situation ist sensibel und niemand sollte unvorbereitet in FP einlaufen!

Johanna, CHASING WATERFALLS, Opunohu Bay, Moorea:

„Als vor einer Woche das Confinement begonnen hat, haben wir hier ein VHF net gestartet. Eine Kanadische Familie hat sich bereit erklärt, als Sprecher zwischen uns und den Behörden zu fungieren. Wir hatten einige Probleme hier, z.B. wohin mit dem Müll, da es hier keine Mülltonnen gibt. Sie übersetzen uns auch jeden Morgen die lokalen Nachrichten aus dem Französischen, das hilft. Die lokalen Behörden sind sehr nett hier. Wir haben noch nichts Negatives erlebt. Die Regeln sind in ganz FP dieselben. Wir sind seit dem Confinement noch nicht an Land gegangen, wollen uns vor dem Virus schützen. Wir sind hier alle guter Dinge und sehr froh, unter diesen Umständen auf einem Boot leben zu dürfen. Wir können schwimmen, sind ans Homeschooling gewöhnt und insofern ist es für uns wie eine lange, sehr komfortable Ozeanüberquerung mit Internet und ohne Wellen.

Der einzige Wehmutstropfen: Als Weltumsegler plant man immer schon den nächsten Schritt. Wir wollten im Oktober Neuseeland erreichen, damit wir aus der Zyklonsaison sind. Pläne kann man unter diesen Umständen nicht machen. Wir wissen nicht, wie unsere Tour weitergeht. So geht es der ganzen Welt, jeder steht still.“

Hier in Rangiroa ist die Lage ähnlich wie bei der Chasing Waterfalls. So lange das Wetter nicht kritisch für diesen Ankerplatz wird, ist unsere Familie während der Krise hier gut aufgehoben. Was danach kommt, ist ungewiss.

NACHTRAG: Die geschilderten Ereignisse sind natürlich lange vor dem letzten Blog passiert. Aber ich konnte das ja schlecht vor der Yacht publizieren.

Confinement Tag 33

Französisch Polynesien hat nun 57 positiv getestete Fälle (davon 36 inzwischen wieder ohne Symptome), alle versammelt auf Tahiti und der Nachbarinsel Moorea. Die vier übrigen polynesischen Archipels mit ihren vielen Inseln und Atolle (auch „unser“ Rangiroa) sind wohl coronavirusfrei.

Daher wurden die Confinement-Bedingungen, außer für Tahiti und Moorea, am Montag gelockert. Unsere Freunde von der LADY JANE, vor einer kleinen Marquesasinsel geankert, durften nach 31 Tagen an Bord zum ersten Mal wieder an Land! Auch die Prohibition wurde eingeschränkt: Wein und Bier sind, wohl dosiert, wieder erhältlich.

Für uns hat sich nicht sooo viel geändert. Wir dürfen wieder offiziell zusammen an Land. Aber da es nicht viel Interessantes gibt, wo wir hinlaufen könnten, bleiben wir auch weiter, hauptsächlich an Bord.

Manchmal treffen wir Lili an Land. Ihr gehört das Restaurant, in dem wir „vorher“ viele Abende zum Essen waren. Wir hatten uns angefreundet, unsere Söhne zusammen UNO gespielt und sie hat uns, mit dem Auto, mit zum Einkaufen genommen.

Netterweise dürfen wir jetzt, hin und wieder ihr Auto leihen, um ins 8 km entfernte Dorf von Avatoru zu fahren. Dort gibt es mehrere und besser bestückte Minimärkte, als die zwei hier beim Anleger in Ohotu. Um ausgiebig zu Plaudern reicht leider weder unser Französisch noch ihr Englisch, aber sobald sie wieder aufmacht, werden wir die ersten Gäste sein! Sie hatte sowieso den Plan, größer umzubauen und die Küche zu modernisieren. Zufällig fiel nun die Schließung wegen Umbaus in die Confinement-Zeit, also glücklicherweise keine böse Überraschung für sie.

Bislang ist der 29. April der nächste Stichtag für das Deconfinement. Falls keine weiteren Fälle auftreten, wird es dann vermutlich weitere Lockerungen geben. Wann aber tatsächlich wieder Verkehr (und erst recht Segeln) zwischen den Inseln erlaubt sein wird, ist noch ungewiss.

Wie viele, mit denen wir sprechen und schreiben, sind wir etwas einsam und würden gerne alte Freunde und neue Bekannte treffen. Aber das muss wohl noch warten.

Die Jungs sind ganz zufrieden. Wir haben so viel Zeit für sie, wie noch nie vorher. Gehen dauernd schwimmen, spielen ständig Spiele und sind sehr geduldig und erklärungsbereit beim Bordunterricht.

Uns fehlt eigentlich nur Gesellschaft und Käse! Dann wäre alles super 😉

Parmesan zur Pasta, Camembert oder Gauda auf Brot, Greyezer oder Bergkäse zum Überbacken, Schafskäse für den griechischen Salat…. Oh man, ich muss aufhören, sonst fange ich an zu sabbern!!!

In Quarantäne im Paradis, trotzdem schwierig

Auch Französisch Polynesien hat den Lock Down beschlossen. Seit Anfang März sind 42 Covid-19 Fälle bestätigt worden, fast alle auf Tahiti und einige auf der Nachbarinsel Moorea plus zwei weitere in Raiatea (auch Gesellschaftsinseln).

Es gab einen Fall in Fakarava, ein Schweizer Tourist, und einen Fall auf Rangioa, wohl eine Frau, die von Tahiti zurück kam. Beide Erkrankten sind sehr zügig nach Tahiti in das dortige Universitätskrankenhaus geflogen worden.

Stand heute sind also alle anderen Inseln und Atolle dieses flächenmäßig riesigen Landes „sauber“, und müssten es auch bleiben, da mittlerweile seit 16 Tagen keine regulären Passagierflüge stattgefunden haben.

Um dem 21. März herum wurden alle Touristen ausgewiesen und heimgeflogen und Alles nicht lebensnotwendige geschlossen. In Tahiti warten wohl noch einige hundert Nichtpolynesier, ausgeflogen zu werden. In dieser Woche sollen Flüge alle zehn Tage nach Pars beginnen. Damit sollen diese Menschen dann abfliegen und auf dem Rückweg Luftfracht transportiert werden. Polynesier, die noch in Frankreich sind, werden nicht (!) heimgeflogen.

Wir Segler sind in Quarantäne. Seit 17 Tagen dürfen die Schiffe nicht mehr bewegt, und auch nicht mehr verlassen werden. Natürlich gibt es Ausnahmen, wenn es wirklich notwendig ist.

Wir sind in Rangiroa geblieben. Hier ist es sehr ruhig und es gibt keine Probleme. Von Freunden in anderen Ankerbuchten, z.B. auf den Marquesas, wo zur Zeit sehr viele Segler sind, hören wir auch anderes. Mancherorts darf nicht einmal eine Einzelperson zum Einkaufen gehen, aber immerhin werden Bestellungen irgendwie geliefert. Auch Schwimmengehen, selbst zur Bootspflege ist dort verboten.

Für uns ist es hier wie auf einer luxuriösen Ozeanpassage: keine Wellen, keine Nachtwachen und immerhin ein bisschen Internet, aber sonst sehr ähnlich. Wenn wir gewusst hätten was kommt, hätten wir allerdings besser proviantiert! Wir dürfen natürlich einkaufen, aber die Minimärkte, hier in den Tuamotus, haben auch zu normalen Zeiten kein besonders spannendes Angebot. Jetzt sind zwei Versorgungsschiffe ausgefallen und wir müssen langsam echt kreativ werden beim Kochen! Verhungern werden wir natürlich nicht, aber zum Frühstück gibt es keinen Camembert und Schinken mehr, sondern Corned Beef… seufz.

Wir gehen davon aus, dass diese Woche noch ein Recht großes Schiff kommt, von dem hoffentlich auch wir wieder frische Ware bekommen. Nur Bier wird es nicht geben. Die Prohibition besteht solange der Lock Down besteht. Also mindestens bis zum 15. April – vielleicht wird auch verlängert.
Noch einmal aus ganzer Seele: „Seufz!“


Kurzer Zwischenkommentar: In den Tuamotus ist vor ein paar Tagen ein Chinesischer Fischtrawler gestrandet. Die Besatzung ist auf andere chinesische Schiffe mit dem Hubschrauber umgeladen worden. JD hat nun gerade gelesen, dass sie bei einer Inspektion vor dem Bergen des Schiffs am Grunde der Tiefkühler Flossen und Fleisch von Haifischen gefunden haben. Das ist so eine Schweinerei! Und so traurig! Und selbst wenn es irgendwo eine Zeitungsnotiz wert ist, wird sich in Corona-Zeiten wohl kaum einer darüber aufregen… immerhin soll das Fischereiunternehmen aus China verklagt werden. Ob das was wird?

Bleibt gesund und lasst von Euch hören!