Der Panamakanal

März 2019, La Payita Marina, Panama, Pazifik

Man mag ja denken: Der Panamakanal sind auch bloß Schleusen. Reinfahren, rauf oder runter, rausfahren. Das ist zwar grundsätzlich richtig, dennoch ist es für uns Segler ein sehr aufregendes Abenteuer, das mit viel Vorbereitung verbunden ist.

Erst einmal braucht man neben dem Kapitän, vier line handler mit Leinen und zusätzliche Fender. Damit fing unser Abenteuer schon an! Gerald, einer von unseren zwei neuen Crewmitgliedern für den Pazifik, war schon an Bord. Damit fehlten, neben mir, noch zwei line handler. Eigentlich wollten wir Profis anheuern, aber dann hat uns der Marinamanager gefragt, ob er und sein Sohn mitkommen dürften. Das machen sie gelegentlich zum Spaß und um neue Schiffe kennenzulernen. Super! Könnte nicht besser sein, dachten wir. Bis sie 24 Stunden vorher absagen mussten und auch keinen Ersatz hatten.

Was nun? JD hat online nach Profis gesucht, Geri ist zum schwarzen Brett der Marina geflitzt und ich habe überlegt, welcher Segler in der Marina Lust und Zeit haben könnte. Für Profis war es zu kurzfristig, aber Geri hat eine Notiz von einer Norwegerin (Kamilla) gefunden und sie sofort kontaktiert, und mir ist Jürgen eingefallen. Diesen Marinabesitzer haben wir schon vor Monaten in Bocas kennengelernt und nun war er auch in Shelter Bay, um sein Schiff an Land zu überholen.

Um es kurz zu machen: Beide wollten und konnten und so hat sich die Pami am nächsten Mittag, mit ausgesprochen netter Besatzung, auf den Weg zum Kanal gemacht.

Jürgen, JD, Kamilla, Geri mit Paul, Jana mit Michel

Die erste Station ist ein Ankerfeld, wo die Adviser an Bord kommen. Sie kamen auch, der Chef und sein Eleve, und sie hießen: Hans und Jan! Zwei Milch- und Zartbitter braune Panamenier, die genauso lange wie wir gebraucht haben, den Knoten aus der Vorstellung mit noch einem Jan und Jana zu lösen!

Alle Mann bereit! Es kann losgehen!

Dort haben wir ein Weilchen neben LADY JANE, KRABAT und einem französischem Kat geschaukelt. Am frühen Nachmittag kam für uns und den Kat die Order zum Aufbruch. Unsere britischen Freunde sollten erst um 17.30 Uhr losmachen.

Wieviele Fender passen eigentlich zwischen zwei Kats?

Das „nesten“ mit den Franzosen verlief problemlos und gemeinsam sind wir hinter einem Frachter in die erste Schleuse gefahren. Geri und Camilla hatten die steuerbord Leine vorne, Jürgen und ich die Heckleine. Backbord lag natürlich in den Händen der Franzosen. Hoch über uns, auf den Schleusenwänden, standen die Lockarbeiter mit den Wurfleinen, an deren Ende die kleinen, harten Affenfäuste sind, die sie mit erstaunlicher Präzision auf die Schiffe werfen. Für alle Fälle hatten auch wir unsere Solarpaneele mit Kissen abgedeckt. Tatsächlich war jedoch das einzige Objekt, dass Gefahr lief getroffen zu werden, unser Adviser! Das war allerdings erst am zweiten Tag und ich will nicht vorgreifen.

Jürgen bevor es losgeht

Sobald man die Affenfaust gefangen hat, wird sie an die dicken, blauen Festmacher geknotet, welche dann nach oben gezogen und am Schleusenrand vertäut werden. Nachdem sich die Schleusentore völlig lautlos geschlossen hatten, strömte das Wasser ein und der Chefadviser auf dem französischen Steuerstand fing an, mehr oder weniger sinnvolle Kommandos zu brüllen. „Pull! Pull! Pull!“ war sicherlich erst einmal richtig und Jürgen und ich haben die Leine durch die Klampe gezogen, bis die Muskeln schmerzten und die Finger rauchten. Dennoch drifteten wir ganz langsam immer weiter Richtung backbord. Der französische Kapitän war des Englischen wohl nicht wirklich mächtig und hat gerne auch mal rückwärts eingekuppelt, wenn er eigentlich hätte vorwärts fahren sollen. Unser Adviser hatte mittlerweile – sehr freundlich und ungewöhnlich für seine Position – bei Geri und Kamilla vorne mit angepackt, so dass JD freie Hand am Steuer hatte und unbeobachtet (und dank des Elektroantriebs auch ungehört) nach eigenem Ermessen gegensteuern konnte. Dennoch konnten wir hinten irgendwann nicht weiter durchholen und mussten belegen, bevor die Leine ausrauschen konnte.

Die Rettung war die achterliche Backbordwinsch. Dummerweise war der Grill im Weg und wir konnten echt von Glück sagen, dass er dem Druck der über ihn hinweg gespannten Leine standgehalten hat!

Der Blick zurück auf den Atlantik

Kurz darauf war der Spuk vorbei und wir konnten von oben auf den Atlantik hinuntersehen. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass diese erste Schleuse immer die mit der meisten Strömung und am gefährlichsten ist. Da fragt man sich doch, warum einem das niemand vorher sagt!

Einfahrt in die zweite Schleusenkammer

Nummer Zwei und Drei folgten auf dem Fuße und verliefen völlig unproblematisch. Die blauen Leinen werden an Land gelöst, man zieht sich die Affenfaust an dem dünnen Tau wieder an Bord und dann sieht es so aus, als würden die vier Lockarbeiter am Schleusenrand, mit ihren Schiffen von einer Schleuse zur nächsten Gassi gehen.

Gatunsee voraus!

Sobald wir den Gatunsee erreicht hatten, haben wir uns von dem Franzosen gelöst und sind noch eine Meile weiter zu zwei riesigen Bojen gefahren, an denen die Segler gewöhnlich die Nacht verbringen.

Schlafplatz für Schleusengänger

KRABAT und LADY JANE, die zusammen, nach uns geschleust wurden, kamen erst an, als ich schon lange in Morpheus Armen lag. Zum Glück hatten wir einen riesigen Topf Curry vorgekocht. Denn zu viel mehr als essen waren wir, nach dem Vertäuen an der Boje, alle nicht mehr fähig!

KRABAT an JaJapami

Als ich am nächsten Morgen als Erste nach oben gekrabbelt kam, lag KRABAT gemütlich an die Pami gekuschelt und die LADY bei dem anderen Kat. Überall konnte man schlafende line handler in den Cockpits sehen, die großen Ozeanriesen kreuzten von und zu den Schleusen und irgendwie hatte sich der Geruch verändert. Natürlich! Wir hatten das Meer verlassen und es roch nach Süßwasser!

„Da sind die großen Frachter!“
Die Advisor kommen

Statt um 7.30 Uhr, wie angekündigt, kamen die Adviser erst nach Neun an Bord. So konnten wir zwar gemütlich frühstücken, wurden aber später unbarmherzig gehetzt. 28 Meilen in vier Stunden. Das war der langerwartete Härtetest für unseren Antrieb! Würde die neu installierte Generatorkühlung ihren Zweck erfüllen? Und auch sonst keine wichtigen Teile überhitzen? Außer kochen gab es auf dieser Strecke nicht viel zu tun. Dennoch hätten wir nach einiger Zeit, mit gewissen Muskelpartien, Nüsse knacken können!

JD, Advisor und Geri mit Jungs im Kanal

Der Panamakanal

Kurz vor der Pedro Miguel Schleuse wurden wir angewiesen anzuhalten. Wir hatten es geschafft!

Ein leises, vielleicht etwas zitteriges, Lächeln des Triumphes umspielte die Lippen des Kapitäns… Eineinhalb Jahre lang hatte er immer wieder Blut und Wasser geschwitzt, um unseren Antrieb auf diese Leistung hin zu optimieren, und am Ende hatte er das gesetzte Ziel wirklich erreicht!

JaJapami stolz im Panamakanal

Die nächsten Schleusungen waren zwar etwas konfus organisiert, haben uns aber aber ohne Zwischenfälle in den Pazifik gebracht. Erst hieß es, wir sollen längsseits an einen Personenfähre gehen, dann doch wieder nicht, und schließlich sind wir alleine in „center position“ durchgegangen.

JaJapami und links LADY JANE, der Franzose und KRABAT auf der Web cam der Miraflores Schleusen

Durch dieses hin und her kam es auch zu der unglücklichen Situation, das „mein“ Schleusen-line handler seine Affenfaust genau in dem Moment fliegen ließ, als ich neben dem Steuerstand vorbei ging. JD hat meine Warnung gehört und sich weggeduckt, aber der Adviser kam just die Stufen hoch und hätte die harte Kugel vermutlich direkt auf die Nase bekommen, wenn ich sie nicht so gerade noch, am langen Arm, erwischt hätte! Glück gehabt.

LADY JANE im Kanal

Auch für Allen und Maria auf der LADY JANE wurde es zwischenzeitlich ganz schön ungemütlich: während wir alleine in die Schleuse fuhren, wurden sie angewiesen, zusammen mit KRABAT, mit dem anderen Kat zu nesten. Allen fuhr also langsam auf das Päckchen „Franzose mit KRABAT“ zu und legte im passenden Moment den Rückwärtsgang ein. Woraufhin die LADY langsam, vorwärts am Ziel vorbeischoss… Und so ist es bis heute. Sieben Knoten vorwärts im Vorwärtsgang und zwei Knoten vorwärts im Rückwärtsgang. Nun ja, that’s sailors life. Während wir hier noch schnell zwei zusätzliche Solarpaneele installieren (zusätzliche 630 Watt zu den 800 Watt), müssen sie noch mal rausgekrant werden und einen neuen Propeller einbauen. Wir hoffen also nach wie vor, gleichzeitig nach Galapagos zu segeln.

Prost Pazifik!
Panama City

Seit einer Woche sind wir nun in La Playita Marine, direkt bei Panama City.

Cyrill, unser schweizer Crewmitglied ist angekommen, und wir sechs auf der Pami sind uns alle einig, eine super Mannschaft zu bilden, die bis Tahiti zusammen bleiben will.

Paul will nur noch Schule mit Geri machen, Cyrill wird dauernd bekuschelt und muss Michel kitzeln und beide sind (im Gegensatz zu mir) bereit, den Lütten Comics vorzulesen. Um das Glück der Kleinen perfekt zu machen, sind sie seit über drei Wochen auch noch ständig mit den vier bayerischen Kindern von ALKYONE zusammen.

Jetzt müssen wir das Schiff nur noch bis oben hin mit Lebensmitteln vollstopfen und dann kann’s losgehen. Über die Las Perlas nach Galapagos und dann Richtung Gambier und Französisch Polynesien.