Wir machen noch einen Stopp auf Bali, dann auf Java, am Fuße des Baluran. Die Tage sind heiß, ich fange wieder an die Männer zu beneiden, dass sie nur Shorts und kein Top brauchen. Baden ist zwar schön, aber bei 30 Grad Wassertemperatur auch nicht wirklich eine Abkühlung!
Dieser Ankerplatz ist nicht so toll. Wir sehen zwar keinen Fluss einmünden, aber das Wasser ist trüb und der Grund so schlammig, dass man gleich den schlechten Halt für den Anker spürt. Wir gehen zwar entspannt bei Windstille schlafen, sind aber auf alles gefasst. Und tatsächlich: um 4.30 Uhr geht der Ankeralarm! Es hat ordentlich aufgebrist und wir rutschen. Nun denn, wenn wir früh aufbrechen, kommen wir auch früh an! Mir ist nur etwas mulmig, weil es noch Stockfinster ist und wir die Fischer zwar an ihren Lichtern erkennen können, aber diese blöden Flöße natürlich nicht.
Es läuft aber alles problemlos und der Morgen graut schon bald. Der nächste Schlafplatz ist hübscher. Banraas ist eine kleine Insel im Nordosten von Java. Von hier haben wir einen guten Absprung in die Javasee und die nächste Inselgruppe ist in einer langen Tagesetappe erreichbar.
Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang kommen wir mit gutem Wind voran. Der Anker fällt zum Abendgebet und der Muezzin singt laut über die Bucht von Mesalembu. Viele, laut knatternde Fischerboote fahren auf ihrem Weg nach Hause ganz dicht und neugierig an uns vorbei. „Halo! Selemat Malam!“, rufen wir etliche Male hin und her.
Wir beschließen einen Ruhetag mit Landgang einzulegen. Nach der Schule fahren wir erst mit der Pami ein bisschen näher und dann mit dem Dinghi an Land.
Das Dorf ist für uns interessant und wir sind für die Dorfbewohner interessant. Leider kann kaum jemand englisch, aber dass wir ein Mittagessen suchen, wird natürlich verstanden. Viele Hilfsbereite wollen uns auf den Sozius ihre Mopeds komplimentieren, wir laufen dann aber doch lieber. Ein netter Führer findet sich, der im Schritttempo vorausfährt und beim Übersetzen hilft. Da der erste Stassenimbiss nur scharfe Saucen zum Reis hat und ehrlich gesagt auch nur sehr rudimentär die Voraussetzen für einen Imbiss erfüllt, bringt er uns zu einer besseren Küche, wo wir Nasigoreng und Kokosnüsse bekommen. Geht doch!
Wir sehen eine interessante Mischung aus schönen Moscheen, modernen Häusern und Bretterbuden. Strand und Natur wären wunderbar, wenn die unglaublichen Massen an Müll nicht wären. Zurück zum Dinghi waten wir durch angeschwemmtes Plastik. So ist das halt.
Nach diesem durchaus erholsamen Tag, geht es in die lange Etappe nach Belitung. Drei Tage und zwei Nächte über die flache Javasee, mit ihren vielen Fischern und Schleppverbänden. Ich gehe mit gehörigem Respekt in diese Überfahrt. Wir haben schon lange keine Nachtfahrt nur zu zweit gemacht und selten nur, war dabei soviel los auf dem Wasser!
Zum Glück überzeugt mich JD den großen, grünen Wingaker zu setzten. Ich fühle mich beim handling dieses Riesendings immer noch nicht ganz sicher, erst recht nicht alleine, aber er hat natürlich recht: es ist das perfekte Segel für diese Bedingungen!
Und siehe da! Er steht vom ersten bis zum letzten Moment ohne Probleme. Man kann easy hin- und her halsen und hat 360 Grad freie Sicht, da er so hoch vor uns herfliegt. Das sind genau die beiden Eigenschaften, die man mit hunderten Fischerlichtern um einen rum haben möchte: man kann sie sehen und, wenn nötig, gut ausweichen!
Meine erste Nachtwache ist, gelinde gesagt, kurzweilig. Von Eins bis Vier sitze ich, nervös wie eine nasse Katze, am Steuerstand und beobachte die Lichter um mich und die Radarschatten auf dem Bildschirm. Der bleibt an steuerbord – der an backbord – und warum muss dieser da jetzt genau auf uns zufahren?? Der muss uns doch sehen! Oder sind die Männer alle mit fischen beschäftigt und gucken nicht hoch oder denken das wir schon Platz machen werden? Mein Kopfkino läuft Amok und ich weiche so weit aus bis das Segel zu flattern beginnt. Gleichzeitig richte ich den starken Strahler abwechselnd auf das sich nähernde Boot und in das grüne Segel – das müssen sie doch sehen!
Als ich fast ihre Gesichter erkennen kann und schon nach der Pfeife greife, um JD zu wecken, drehen sie ab. Oh man, sowas brauche ich echt nicht! „Der macht nix, der will nur spielen“, ja ja, ich weiß, die sind nur neugierig und wollen mal gucken und sie würden uns nie über den Haufen fahren, Boote steuern ist schließlich ihr Leben. Trotzdem haben ich immer noch weiche Knie, als JD zur Ablöse kommt…
Übrigens, wenn man JD fragt wie er diese Nacht fand, sagt er: „Gut! Nicht so langweilig.“ und er hat nichts anderes erlebt als ich… Grummel.
Die zweite Nacht ist auch bemerkenswert, aber ich fasse mich mal kürzer. Dieser Blog wird schon wieder ziemlich lang.
Als es dunkel wird taucht vor uns eine Wand aus Lichtern auf und wir müssen mitten durch. Aber, oh Wunder, die Wand öffnet sich! Für uns! Sie machen uns einen richtigen Korridor frei und viele leuchten uns mit ihren starken Scheinwerfern sogar den Weg. Vergessen ist die Angst der vorherigen Nacht, es sind ja doch so richtig nette Kerle, diese Fischer hier!
Später spekulieren wir wild, ob vielleicht nicht nur die Fischweiber tratschen, sondern auch ihre Männer? Wer weiß was da so durch den Äther ging? „Leude, da komm schon wider son verrückter Sechler. Mit som grünen Feudel vorne. Mach ma nen büschen Plaaz!“
Am nächsten Tag erreichen wir schließlich eine Flache Stelle kurz vor Belitung und Ankern umstandslos mitten auf See. Es ist vielleicht ein bisschen schaukelig, aber wir schlafen wunderbar. So kommen wir denn recht ausgeruht in Belitung an und haben damit unser nächstes, kleines Etappenziel auf dem Weg nach Singapur erreicht.
Im Nachhinein war alles nicht so wild. Der Wingaker ist mir schließlich doch noch ein guter Freund geworden, eine Nachtwache ist wirklich überhaupt kein Problem und zwei sind auch nicht schlimm und vor den Fischern muss man auch nicht bange sein.