Von Borstenwürmern, verlorenen Paddeln und Mangrovenlabyrinthen

„Sollen wir unseren schwimmenden Wäscheständer mal wieder seinem eigentlichem Zweck zuführen?“, fragte mich mein Mann vor ein paar Tagen, als sich wieder eine längere Schönwetterperiode abzeichnete. Natürlich hat die Crew begeistert sofort angefangen alles startklar zu machen und die Nabelschnüre zum Land zu kappen. Erstens sind diese Ausflüge total schön und abwechslungsreich und zweitens heißt tagelanger, wolkenfreier Himmel in der Marina auch „heiß, heiß, heiß“!

Nach einer Stunde waren wir schon raus aus der Marina und sind erst mal nach Bocas Town rübergetuckert. (Das ist die Hauptstadt des Archipels, in der wir normalerweise mit dem Wassertaxi einkaufen fahren.) Auch dieses Ankermanöver diente der Verproviantierung. Während wir an Bord Schule gemacht haben, hat der Käpten also eingekauft.

Mit erfrischendem Fahrtwind sind wir wunderbar durch die Mittagshitze gekommen um der Nachmittag und Abend entspannt am Starfish Beach zu verbringen.

Naja, fast entspannt. Es gibt dort im flachen Wasser, eingegraben im Sand, kleine Borstenwürmer. Ab und zu verirrt sich mal eine dieser Borsten in die weichen Stellen im Fuß und dann muss man dieses wimperngrosse, durchsichtige Ding halt wieder rausziehen – oder es verschwindet von alleine im Sand. Keine große Sache. Ist man allerdings erst sechs und wühlt sich bis zu den Ellenbogen ein, kann es ziemlich fies werden, wie wir jetzt gelernt haben! Ich habe das Tier nicht gesehen, aber Pauls Unterarm sah aus, wie nach einer Million Moskitostiche. Armer, kleiner Kerl. Essig war nicht zur Hand, aber Limone, die Empfehlung der Strandbudenköchin, hat auch gut geholfen.

Abends an Bord habe ich dann auch noch eine leichte Cortisoncreme rausgesucht, womit es zum Glück sehr schnell besser wurde. Damit lagen dann schon drei Cremetuben griffbereit: Jod für JDs Schienbein (fiese Schraube am offenen Ankerkasten – ich darf nicht vergessen die bei Gelegenheit zu entschärfen!) und Fungizid für Michels Ring Worm (ein Hautpilz).

Die Pilzgeschichte ist eigentlich auch einen Absatz wert: Unsere Nachbarn haben einen Straßenhund aufgenommen. Der Tierarzt hat geimpft, entwurmt und für die kahlen Stellen verdünnten Essig und Sonnenschutz empfohlen. So weit, so gut, bis dann erst ihr anderer Hund, dann Kerry und schließlich auch Rob so komische Stellen kriegten. Als die Ursache geklärt war, hatte der Pilz bei Kerry schon soweit gestreut, das Creme nicht mehr reichte und sie Tabletten nehmen musste.

Zum Glück hat die Canesten-Salbe bei Michel gut angeschlagen und es ist bei einer Stelle geblieben. Der Pilz hatte sich in einer alten Schürfwunde eingenistet und scheint hier, mit viel Meerwasser, deutlich besser abzuheilen als ein Fusspilz in Deutschland!

Zurück zum Ausflug mit Hindernissen. Es waren wunderbare Abende. Sanft am Anker schaukelnd, perfekte Temperatur und ein überwältigender Sternenhimmel. Die Luft war so klar, dass man Tagsüber ganz toll Panamas Berge sehen konnte und abends der Sonnenuntergang in Farbe war. Meistens ist er hier nämlich schwarz/weiß unter dichter Wolkendecke. Vor und nach dem Frühstück mal eben ins Meer zu springen, geht natürlich auch nur vor Anker und nicht in der Marina.

Am nächsten Vormittag sind wir bei Judy vorbeigefahren und haben sowas wie Vorhänge abgeholt. Judy ist Segelmacherin und lebt mit Mann und Hunden auf einer winzigen Insel im Archipel. Nur das Haus, der Anleger und ein kleiner Mangrovenwald. Man muss wohl schon ziemlich gut mit sich selber klarkommend, um so einsam wohnen zu wollen.

Von da ging es weiter zu Coral Cay. Zwischen kleinen und großen Inseln liegt eines der schönsten Schnorchelparadise hier und ich wollte schon lange wieder mal dort hin, um auch den Jungs diese kunterbunte Unterwasserwelt zu zeigen. JD hat es glaube ich mehr zu dem kleinen Restaurant dort gezogen, welches aber letztlich leider geschlossen war. Nachdem der Anker gut festsaß, ist die Crew in bewährter Weise – Michel vor und Paul hinter mir – in das Kayak gekrabbelt und zum nächsten Riff gepaddelt. Die Jungs haben auch tatsächlich eine ganze Weile getaucht und geguckt. (Mit Maske, ohne Schnorchel.) Das hat mir viel Spaß gemacht, war aber auch ganz schön anstrengend! Immer um sie rum und aufpassen, dass sich kein Füßchen an den Korallen verletzt, keine Hand doch mal zugreift, und immer als Schwimmhilfe zum Durchatmen parat. Danach Alle wieder ins Kayak ziehen und zurückpaddeln. DAS Feierabendbier hatte ich echt verdient!

Am nächsten Morgen wollte ich dann gerne noch mal alleine los und die Unterwasserwelt ganz in Ruhe genießen. Das hat auch soweit prima geklappt. Bis ich wieder im Kayak saß und zurückpaddeln wollte. Dazu braucht man nämlich logischerweise ein Paddel und das war nicht mehr da.

Ich hatte es locker angebunden, aber vermutlich ist ein Boot an mir vorbeigezischt, als ich grade tauchen war, und die Wellen haben es irgendwie über Bord gehen lassen. Also habe ich meine Flossen in die Hände genommen und versucht meinen Schnorchelweg mit dieser mühsamen Fortbewegung zurückzuverfolgen. Ich dachte es wäre untergegangen, und die Sicht auf die Korallen von oben, war bestens. Falls die Strömung nicht zu stark war, standen meine Chancen gar nicht schlecht die lange Alustange unter mir in der Sonne blitzen zu sehen. Leider hatte ich kein Glück. Aber während ich frustriert überlegt habe, ob ich lieber schwimmend und das Kayak hinter mir herziehend, oder als flügellahmer Pelikan, mit den Flossen in der Hand rudernd, zur Pami zurück sollte, kam von unerwarteter Stelle das erhoffte Aufblitzen! Das Mistding -Verzeihung- schwamm doch! Und war natürlich schon richtig weit abgetrieben. Zum Glück hatte ich meine Sonnenbrille mit und war eingecremt, sonst hätte ich meine Unachtsamkeit nicht nur mit Muskelkater, sondern auch mit einem kapitalen Sonnenbrand bezahlt.

Wieder an Bord hatte ich nicht mal Zeit mir zu überlegen, ob ich nun schimpfen oder mich freuen sollte. Es ging sofort Anker auf und Richtung „Drunken Monkey“. Ein Markt mit lokalen Produkten, nur mit dem Boot zu erreichen, den wir schon einmal vergeblich gesucht hatten. Irgendwo zwischen Mangrovenlabyrinthen haben wir den Markt-Pavillon auch gefunden, aber nicht erkannt, da er verlassen war. Das wurde uns aber erst später klar. In der Hoffnung er wüsste den Weg, sind wir stattdessen einem anderen Katamaran, tiefer zwischen die Bäume gefolgt. Der wohnte aber wohl dort irgendwo und hatte nichts mit dem Markt zu tun. So fanden wir uns, nur noch mit der sprichwörtlichen Handbreit Wasser unterm Kiel, in einer engen Passage wieder. Der Käpten nahm´s gelassen und so blieb ich auch entspannt, während wir uns langsam wieder in freies Wasser bewegten.

Nach diesen zwei Mini-Abenteuern kam einem der Tag eigentlich schon ziemlich lang vor. Tatsächlich war es aber erst kurz vor Mittag und da lag die Idee nahe, das Eisen auf bekanntem Grund vor dem „Blue Coconut“ zu versenken und dort zu entspannen und zu speisen. Auf dem Weg dahin hat JD im Internet, praktisch direkt neben an, ein weiteres Restaurant gefunden. „Aqui Hoy“ heißt soviel wie „Heute hier“, und wird seit knapp vier Monaten von Vater und Sohn aus Luxemburg geführt. Es war so nett und lecker, die Location und auch der Ankerplatz so schön, mit wunderbarer Aussicht, dass wir uns kurzerhand auch zum Abendessen angemeldet haben und über Nacht geblieben sind.

Unser wirklich kurzweiliger Drei-Tages-Trip hat mit dem verabredeten Besuch der beiden Restaurantbesitzer auf der Pami geendet. Bei einem Tässchen Kaffee haben wir das Boot gezeigt und nett geschnackt . Danach noch Schule, Schwimmen, Mittagessen und schon wurde es wieder Zeit den Anker zu lichten und sich auf den Weg nach Hause, in die Marina, zu machen.

Nun ist das Wetter wieder gewitterig, weshalb wir sicherheitshalber in der Marina bleiben. Gestern hat ein mächtiges Gewitter uns in Atem gehalten: Es begann über Bocas Town, drehte dann nach Osten ab, um dann weiter nach Norden auf die andere Seite „unserer“ Insel zu ziehen. Es zog also einmal in einem großen Kreis um uns herum. Die Blitzeinschläge waren zwischen dreieinhalb und einem Kilometer entfernt. Bei einigen der Donnerschläge vibrierte derganze Rumpf! Da haben wir echt Schwein gehabt, und uns über unseren sicheren Liegeplatz gefreut. 🙂