
Klar sind wir gut angekommen! Und natürlich waren die letzten Meilen spannend! Ich fange mal circa 12 Stunden vor Ankunft an:
Wir brausen dem Ziel entgegen und die Sonne dem Horizont. Groß und Genua sind ungerefft und stehen perfekt, wir machen über Stunden konstante 10 Knoten. Super. Leider kann es so vermutlich nicht bleiben, wir wissen, dass der Wind langsam über Süd nach Südost drehen und stärker werden wird. Die Frage ist nur wann. Dreht er zu früh, können wir den Winkel zum Pass nicht halten und erreichen das Riff um Neukaledonien nördlich von der Einfahrt. Das wäre ziemlich blöd und würde Plan B und C erfordern.
Außerdem gilt es die Zeit zu bedenken: am Pass werden wir wohl gegen vier Uhr morgens sein und dann wollen wir auf jeden Fall einen fitten, ausgeruhten Käpt´n! Den müssen wir also rechtzeitig schlafen schicken.

Nach Sonnenuntergang wird es Zeit, das Groß zu reffen. Während ich Micky und Pablo am Mast anleite, ist JD am Steuer und den Winchen. Ich realisiere erst relativ spät, dass etwas nicht stimmt, da Wind und Wellen ordentlich laut rauschen und ich immer ein Auge auf unsere junge Crew habe. Das Groß ist zwar im ersten Reff, steht aber ziemlich merkwürdig! Ich werde natürlich schnell aufgeklärt: Der Mantel des Großfalls ist gebrochen! (das äußere Gewebe der Leine, die das Großsegel hochzieht, ist kaputt.) Verdammt!! So kriegen wir es weder rauf, noch runter, da der aufgeströppte, ausgefranste Mantel nicht durch Klemmen oder Ösen passt. Natürlich könnten wir das Fall einfach kappen, aber dann würde es wirklich spaßig werden, ein neues durch den Mast zu fädeln. Das würden wir uns gerne ersparen.

Zum Glück haben wir Zeit. Wind und Segel sind so weit okay und es ist auch noch nicht so spät. Wenn wir den Mantel vom langen Ende abstreifen können, käme das Segel runter und wir hätten immer noch den dünneren Kern als Führungsleine für ein neues Fall. Aber wie machen wir das?
Die Lösung entwickelt sich dynamisch. Das ganze wäre ein cooles coaching Programm fürs Mitarbeiterseminar! Zum Glück habe ich ein Foto – das wäre schwer zu beschreiben gewesen!

Die Crew ist übrigens sehr überrascht, wie gelassen wir das Ganze handhaben – die Grünschnäbel haben keine Ahnung, durch wieviel brenzligere Situationen man sonst noch so auf See durch muss…

Problem fürs erste gelöst, der Käpt´n kann schlafen gehen. Ich lege mich aufs Sofa, während Micky Wache geht. Es wird anstrengend, gefühlt werde ich bis 1 Uhr morgens alle 10 Minuten geweckt, um die Genua zu reffen, einem Squall auszuweichen, das Boot mit dem Motor wieder auf Kurs zu bringen… Michel schläft dabei selig auf der anderen Sofaecke. Er wollte bei dem Seegang nicht runter ins Bett. Verständlich.
Als JD wieder kommt, krieche ich dankbar ins Bett, während er sich alleine durch die Nacht kämpft.
Der Wind bleibt uns gewogen, gegen 4.10 Uhr erreichen wir den Pass. Die Durchfahrt ist nicht ganz einfach. Er ist zwar um die 1,5 Meilen breit, aber JD hat 2 Knoten Gegenstrom und muss mit anluvendem Wind kämpfen. Auf meine Frage, wie es war, antwortet er „haarig“. Ich vermute mal, er hat da so einiges geleistet.
Sobald die Pami durch den Pass in die Lagune kommt, herrscht plötzlich Frieden im Boot. Wir haben immer noch ordentlich Wind, aber keine Welle mehr. In meinem plötzlich nicht mehr bockenden Bett, merke ich noch, wie mein Körper plötzlich ganz schwer wird und ich tief, tief wegsacke.
In der Lagune sind es noch 11 Meilen bis Noumea. Es ist mittlerweile 4.30 Uhr morgens. JD segelt uns auch diese letzten 1,5 Stunden noch alleine bis zum Ziel. Danke Mann.
Kurz vor dem Hafen kommt der Weckruf für Alle. Das Groß kann easy geborgen werden und der Anker hält beim ersten Versuch. Es gibt wahlweise Kaffee oder Bier und tatsächlich ein Weißwurstfrühstück! Letzte Chance Fleisch, Eier, Obst und Gemüse aufzuessen oder zu verarbeiten, bevor uns die Biosecurety alles Frische wegnehmen muss.
Sobald das Marinabüro aufmacht, laufen wir ein. Wir haben es tatsächlich noch vor dem starken Südwind und vor dem Wochenende geschafft!!! Juchuu!
Zum Anlegen erwartet uns nicht nur die nette Marinaangestellte, sondern auch Inga und Norbert von der MARISOL. Auch Helmut von DONT SINK PLEASE ist von Fidji aus angekommen. Wir verbringen also die ersten Tage hier mit Erholen, Wiedersehensfeiern und Crew Verabschiedung.

Wie Neukaledonien sonst so ist und wie es bei uns weiter geht, erfahrt ihr natürlich in einem nächsten Blog!