Von einem Spaziergang und einer Regatta

Segelregatta

An den Wochenenden mutiert die sonst so beschauliche Rose Bay regelmäßig zu einem aquatischen Vergnügungstohuwabohu, das seines gleichen sucht. Pausenlos rasseln Ankerketten um uns herum, Charterboote mit feiernden Gästen lassen Badespielzeug zu Wasser und der Geräuschpegel steigt rapide. Dazwischen wuseln Wingfoiler, Standup-Paddler, Optis und andere Jollen. Gekrönt wird das Ganze von Powerbooten und Wasserflugzeugen.

Vorletztes Wochenende haben wir daher mal wieder die Kurve gekratzt und uns in die Nachbarbucht verholt. Watsons Bay ist vermutlich auch ganz hübsch, durch den ständigen Regen, konnten wir dies nur nicht so recht würdigen. Da es aber die äußerste Bucht des südlichen Sydney Harbour ist, kann man mit einem kurzen Spaziergang die Klippen zum offenen Pazifik erreichen, was wir natürlich in der einzigen Regenpause auch getan haben. Belohnt wurden wir mit imposanten Gesteinsformationen und leider ein bisschen viel Bauzaun, der den Ausblick aus unbekannten Gründen verschandelt hat.

Erinnerung an die 121 Toten der 1857 gesunkenen DUNBAR
Pami vor Anker

Das An- und Ablegen mit dem Dinghi am Public Pontoon dieser Bucht ist auch erwähnenswert. Es gibt keinen Schwimmpontoon auf den man einfach rübersteigen kann, sondern lange Leitern führen vom Wasser rauf zum großen Steg, der auch den Weg zum Fähranleger bildet. Eigentlich kein Problem, aber bei Niesel etwas unkomfortabel und rutschig. JD fühlte sich schwer an die Nordseehäfen seiner Kindheit erinnert!

Wir sind also nur bis Montag morgen geblieben und dann zurück zu unserem Stammplatz. Auf mich hatte hier auch der Zahnarzt gewartet – wahrlich keine schöne Erfahrung diesmal und ich bin eigentlich echt nicht zimperlich. Aber was will man machen. Die Krone muss sein und wer weiss, wann wir wieder mal so lange an einem Ort verweilen.

Quasi zum mentalen Ausgleich dafür gab es für mich ein neues Freizeitvergnügen: Regattasegeln! Und das kam so: Dascha und Matthias wohnen, wenn sie nicht gerade parallel mit uns die Küste raufsegeln, in Sydney. Wir haben uns also hier wiedergetroffen und sie haben angeboten, dass wir sie mal bei ihrem wöchentlichen Freitagabend Race begleiten können.

Der Kapitän und Besitzer nimmt es locker, wer jetzt gerade von seiner Stammcrew mit kommt und ob noch neue Gesichter dabei sind. Hauptsache man kann jip (Vorsegel) von main (Großsegel) unterscheiden und hat einen Sixpack unter dem Arm.

Ich habe mich also Freitag Nachmittag in den Bus zur nächsten Marina geschwungen und mit den Anderen vor dem Anleger getroffen – ohne eine genaue Vorstellung davon, was mich erwartet.

Erst hieß es, wir sollen am fuel dock an Bord gehen, aber da war alles besetzt mit anderen Booten. Also weiter zum nächsten Anleger, während Gunshot, unser Regattaboot sich schon langsam näherte. Hier ging es: „Schnell, alle man an Bord!“

Während unter der Crew eine längere Diskussion über den „Eski“, eine Eisbox zum Bier kühlen ausbrach, ist, aus einem mir nicht bekannten Grund, der „Skipper“ mit einem Schlauchboot an Land gerudert und musste von Gunshot wieder aufgenommen werden.

Bis dahin stand ich ein bisschen dumm rum und habe versucht mich zu orientieren. Als wir uns dann aber rückwärts dem Pontoon genähert haben, hat uns eine Böe zur Seite gedrückt und auf Kollisionskurs mit einem Nachbarboot gebracht! Da konnte ich Einsatz zeigen und mich zusammen mit einem anderen Crewmitglied gegen den Anker des Anderen stemmen. Knapp geschafft! Und beim zweiten Anlauf konnte der „Skipper“ denn auch problemlos an Bord hüpfen.

Der Skipper hat übrigens nicht geskippert, das hat der Kapitän am Steuer getan. Ich weiß also nicht so recht, warum er so genannt wurde, aber das erfahre ich vielleicht beim nächsten Mal. Die Fähigkeiten des Käptens fand ich auf jeden Fall bemerkenswert! Gunshot ist schon viele Rennen gefahren und hat auch oft gewonnen, darunter auch einmal Sydney Hobart! Das letzte im Dezember gestartete Sydney – Hobart Race müssen vier krasse Tage für die Crew an Bord gewesen sein.

Der Kapitän

Ab jetzt tickte die Uhr! Noch neun Minuten bis zum Start und vorher musste das neue Großsegel noch angeschlagen werden! Irgendwie haben sie es noch in der Zeit geschafft, während mir immerhin die Funktion der Hälfte der an Deck befindlichen Winschen klar wurde.

Dann ging es los: eine halbe Stunde durch Sydney Harbour, um die große, gelbe Boje drum rum und wieder eine halbe Stunde zurück. Die Einteilung wer wo was macht, war eher zufällig. Wer der Schot am nächsten war und sich nicht gewehrt hat, hat den Job bekommen.

Wir waren dicht gedrängt mit ungefähr 50 Booten unterwegs. Manchen kamen wir so nahe, dass man sie fast hätte abklatschen können. Die Segelarbeit war teils auf den Zentimeter Schot genau. Ständig kamen die Kommandos vom Steuer: „Release the jib! Release the main!…“ und andersrum. Auch die Krängung war natürlich eine ganz andere Nummer, als auf unserem Katamaran und nirgendwo etwas zum festhalten!

Als mir, mehr zufällig als geplant, die Arbeit an der Steuerbord Vorschotwinsch zufiel, saß ich in lee, also unten, das linke Bein auf dem Boden, das rechte irgendwie seitlich an die Relingsstütze gestemmt. Bestimmt nicht die adequate Haltung für diesen Job, aber ich fühlte mich sicher, kam gut dran und keiner hat was gesagt. Ging also. Dann waren wir härter am Wind, eine Böe kam und das Segel musste ständig getrimmt werden. Natürlich wurde die Krängung noch stärker und noch stärker und… Mist! … die See hat nicht nur die Flanke des Schiffs, sonder auch meine rechte, untere Hälfte komplett überspült! Bähh!

Lapidarer Kommentar: „You are still on Bord. Release the Jib!“ Habe ich natürlich auch sofort gemacht und mal ganz ehrlich: ich hatte riesen Spass dabei!!

Von dem Rennen an sich, unserer Position oder dem Gesamtbild, habe ich gar nicht so viel mitbekommen. Einzelheiten, wie die Stellung der Segel, wo man seine Bierflasche sicher abstellen konnte und Boote, die plötzlich nach einer Wende unseren Kurs kreuzten und verdammt nahe kamen, die waren prägend! Als wir aber das Zielboot passierten und sich alles um mich herum total gefreut hat, da ist auch mir klar geworden, dass wir wohl ganz gut abgeschnitten hatten!

Geschafft, wir gehen von Bord.

Danach ging alles schnell und routiniert. Segel verpacken, aufräumen und runter vom Boot. Beim gemeinsamen Abendessen in der Segelclubtaverne wurden die Ergebnisse bekannt gegeben: 1. Platz für Gunshot! Na bitte! Sekt für alle und ein Satz Whiskeygläser als Preis. Auch ich habe ein Glas als Erinnerung bekommen, für gut Arbeit an der Vorschot. Wenn es in zwei Wochen wieder los geht, darf und will ich gerne wieder mit!

Gewonnen!

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