Tag 8 Polynesien nach Australien

19. Nov, 6 Uhr Bordzeit. 190 nm südöstlich von Niue.
S 19’57,5 W 166’35,2. 15 kt TWS, 60‘ TWD, 6 kt COG, Kurs 280‘. (TWS: True Wind Speed, TWD: True Wind Direction, COG: Course Over Ground)

Das schlechte Wetter im Westen löst sich langsam auf. Wir müssen nicht mehr auf die Bremse treten und setzen vormittags den Genaker.

Voraus liegt das Beveridge Riff. Ein kleines Atoll, dessen Korallenring wohl nur etwas bei Niedrigwasser aus der Oberfläche ragt. Trotzdem hat es einen Pass und man kann, laut Jimmy Cornell, hinein fahren und drinnen Ankern. Das wäre doch mal was!
Eine Pause vom ewigen Wellenrauschen und Geschaukel, schwimmen gehen und vielleicht auch zwei, drei Langusten fangen – klingt traumhaft!

Könnte das denn klappen? Eine Ansteuerung ist natürlich nur bei bester Sicht möglich. Auf die Seekarten darf man sich, bei so einem Pünktchen im Nirgendwo, natürlich nicht verlassen. Augapfelnavigation ist das einzige, was Sicherheit bietet. Bleibt der Wind uns treu könnten wir gerade noch rechtzeitig dort sein. Versuchen wir es! Das Rennen beginnt und wird sich morgen Mittag entscheiden! Der Genaker bleibt über Nacht stehen, auch wenn die Freiwache dann womöglich für Manöver geweckt werden muss.

Als meine Wache beginnt, finde ich alles unverändert. Wenn der Wind noch ein bisschen zunimmt, könnten wir es noch schaffen. Der Käpt’n setzt als erstes nach dem Aufstehen die Genua dazu. Im Butterfly zischen wir jetzt mit 7,5 kt platt vor dem Wind dem Riff entgegen. Wir werden sehen, ob wir schwimmen, oder nur aus der Ferne winken können!

Am Beginn meiner Wache geschrieben:
Ich würde so gerne den Vollmond sehen, aber der verschwindet gerade hinter den Wolken am Horizont. Da ist er ja! Mit Silberfluss übers Meer! Mit Blick nach Norden, sitze ich quer auf dem Steuerstand, in meinem alten, violetten Jöppchen, das schon vor 15 Jahren über das Mittelmeer gesegelt ist, natürlich mit der grünen Mütze auf dem Kopf. Rechts geht die Sonne auf, links der Mond unter. Dazwischen die riesigen Weiten des Pazifik mit der winzigen Pami obenauf, die sechs Seelen in den Morgen hineinträgt. Wir sind ein Mikrokosmos, im unendlichen Blau unter den Gestirnen. Man möge mir verzeihen, aber da kann Einen schon mal das Pathos übermannen!

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