
Tahaa und Raiatea liegen dicht beieinander und sind von einem einzigen, großen Barriereriff umschlossen. Wir haben von Huahine erst Tahaa angelaufen und sind danach, in einer eleganten Schleife, einmal rund um Raiatea. Eigentlich könnten wir jetzt einen kleinen Küsten-Restaurantführer für hier herausgeben!
Ungefähr alle zwei Tage ein neuer Ankerplatz und die meisten davon, mit Bedacht so ausgewählt, dass ein kleines Restaurant in Dinghi Reichweite liegt. Um sowas zu finden, braucht es übrigens nicht mehr viel Pioniergeist: Wir haben hier überall Internet und gucken einfach bei GoogleMaps nach! Gerade bei den kleinen Hotels, sollte man unbedingt einen Tisch reservieren, und dann wird es manchmal lustig. Wir haben zwar beide mittlerweile einiges an Französisch gelernt, sind aber noch weit, weit davon entfernt, flüssig zu sprechen. Ich rufe also da an und frage: „Ia Orana, Bonjour, parle vous englaise?“ Auf ein energisches „No“, antworte ich dann meist mit „Ici le catamaran in front of you. Ce possible un reservation pour dinner tonight?“
Ich könnte natürlich einfach mal nachgucken, wie man das korrekt auf Französich sagt. Dann würde sich aber konsequenter Weise ein französischer Wortschwall über mich ergießen, den ich unmöglich verstehen kann. Also bleibe ich bei meinem „Frenglisch“, wodurch sich mein Gegenüber meist auch noch über jedes weitere Wort, was mir in seiner Sprache einfällt, freut.
Häufig sind es Frankreich-Franzosen, die hier die Restaurants betreiben und schon mal kommt jemand mit ein paar halb vergessenen Sätzen Schuldeutsch zu uns an den Tisch. Also Verständigungsprobleme gibt es eigentlich nicht und irgendwie macht es auch immer ein bisschen Spass (vor allem, wenn am Ende ein leckeres Essen dabei rauskommt)!

Weniger witzig sind Sprachbarrieren, wenn man zum Arzt muss. Das haben wir natürlich auch schon erlebt. Manchmal aber kann ein Arztbesuch auch ungeahnte Nettigkeiten nach sich ziehen. So geschehen, als ich hier wegen einer Halsentzündung, fachkundige Hilfe gesucht habe: Die Ärztin hatte ihre Praxis nahe dem Anleger und als ich ankam, saßen schon fünf wartende Patienten, vor der Tür auf dem Verandawartezimmer. Alles Polynesier; eine bunte Mischung mit bunten Masken und brav immer mit einem Platz Abstand (obwohl die ganze Insel nur einen positiven Fall hatte). Die älteren Damen trugen bunte Knöchellange Kleider und zwei auch Blumenkränze auf dem Kopf, als wären sie auf dem Weg zu einer Hochzeit. Sehr schön anzusehen und offensichtlich reine Geschmacksache, ob man dieses blumig-polynesische bevorzugt oder nicht. Die junge Mutter trug auf jeden Fall Shorts und Top wie ich und der arme Kerl mit dem entzündeten Bein, irgendwas Schmuddeliges. Ungewöhnlich war die Anwesenheit einer Sprechstundenhilfe. Einer jungen Frau, wie einem Gauguin-Gemälde entsprungen! Als sie meine Daten eingibt, fängt sie auf einmal an zu strahlen und erklärt mir auf französisch, dass ihr Chefin auch Alleman ist! Was für eine Fügung!
Natalie ist so alt wie ich, Mutter französisch, Vater deutsch und hat als Kind in Deutschland gelebt. Wir kommen so ins quatschen, dass wir uns kaum um meinen Hals kümmern können. Am Ende verabreden wir uns, dass sie mit Mann und den zwei kleinen von vier Kindern, am Samstag zu uns auf Boot kommt. Es wird ein netter Nachmittag, wir telefonieren und schreiben uns weiter, und wir versuchen sie demnächst in ihrem Haus zu besuchen. Das sind so die Perlen der Begegnungen hier, bei denen man viel über Land und Leute erfährt. Aber auch viel über Gleichgesinnte, Reisefreudige, mit Pioniergeist.

In Raiatea erkunden wir die Insel nur vom Wasser aus. Es ist hier überall so schön wie im Reiseprospekt. Zudem wenig los, der Großteil der Charterflotte an Katamaranen liegt ungenutzt im Hafen. Wir haben die meisten Ankerplätze für uns alleine. Hier ist wirklich Katamaran Gebiet: von den Tiefen um die Insel, geht es zum Aussenriff von 40 auf 2 Meter in steilem Hang. Wir hören von LOLA, mit denen wir uns alle paar Tage treffen, das es für einen Einrümpfer mit viel Tiefgang, richtig schwierig ist, einen Ankerpaltz zu finden. Für uns ist das nett und ein bisschen spannend. Vor uns das Barriereriff links ein malerisches Motu, hinter uns die Insel. Das Meer sieht aus als hätte jemand mit einem Lineal die Grenze zwischen dunkelblau und türkis gezogen. Ganz vorsichtig tasten wir uns über diese Grenze. Ich stehe am Bugsprit und versuche die Tiefe abzuschätzen, denn das Echolot ist erst kurz vor der Mitte des Schiffs, also eine recht späte Warnung, um auf der Hinterhand kehrt zu machen.
2 Meter – 1,90 – 1,80 – 1,70 (schön vorsichtig!) – 1,80 – 1,90 – Okay! Das geht! Da vorne ist auch genug Sandflächen ohne Korallen, also lassen wir das Eisen fallen.
Besonders schön war der Korallengarten vor der „Vogelinsel“. Die Kinder sind im Knietiefen Wasser geschwommen, wir Großen haben Nemo und Consorten einfach beim Waten beobachtet und Dinghi hinter uns hergezogen.


Schon mal klappt auch etwas nicht: Wir wollten eine Flussmündung erkunden; eine bekannte und empfohlene Tour mit dem Dinghi. Schon auf dem Weg vom Ankerplatz, zu der Bucht mit der Mündung, werden wir ganz schön erschreckt. Das riesige Gebiet einer aufgegebenen Austernfarm ist bekannt, aber normalerweise hängt an einer Boje ein Austernkorb. In diesem Fall waren die Bojen aber durch dicke Taue miteinander verbunden und wenn man mit dem Propeller in diese Fallstricke gerät, kann das ganz schön blöd werden! Im klaren Wasser konnten wir also plötzlich, bei voller Fahrt, direkt vor uns, eines dieser dicht bewachsenen Taue sehen. Gruselig! Aber zum Glück in zwei Meter Tiefe, also kein Problem. Auf dem Rückweg haben wir aber einen weiten Bogen um das Gebiet gemacht! Kurz vor dem Ende der tiefeingeschnittenen Bucht, wurde das Wasser dann plötzlich schlammbraun und flach und wir haben planmäßig den Motor angehoben und angefangen zu paddeln. Unplanmäßig war eine ordentlich starke Strömung und eine deutliche Äußerung meines Rückens, dass die Bewegung eines 250 Kg Dinghis mit kleinen Paddeln, für mehr als fünf Minuten, definitiv nicht angeraten ist! Wir mussten also den ganzen, weiten Weg zurück ohne etwas gesehen zu haben. Sengende Sonne, kurze, kleine Wellen in denen das Dinghi immer viel zu hard aufknallte, quengelige Kinder und genervte Eltern. Und alles selber Schuld. Super.
Eindeutig schöner war da die Besichtigung des größten und bedeutendsten Marae in ganz Polynesien. Ein großes Areal, das einstmals den Mittelpunkt der spirituellen Kultur hier bildete.

Nach der Umrundung kehren wir, mit LOLA, noch einmal zu dem so malerischen „Fish&Blue“ zurück um danach noch ein paar entspannte Tage an einer Mooring-Boje vor dem Städtchen zu schaukeln und einzukaufen. Die Bojen muss man natürlich bezahlen. In diesem Fall allerdings mit Naturalien: ein sixpack Bier oder Soda pro Tag. Auch eine interessante Variante!

